Das gab es noch nie: Erstmals haben sich Philharmoniker und die SWR Big Band zu einem großen Orchester vereint – zu Ehren von Wolfgang Dauner! Nach dem umjubelten Konzert bat OB Fritz Kuhn zum Empfang für Stuttgarts großen Sohn.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart - Wenn Big Dauner mit der SWR Big Band und den großen Stuttgarter Philharmonikern gemeinsame Sache macht, geht das nicht von heute auf morgen. Die Idee entstand vor über drei Jahren, als Wolfgang Dauner, eine der wichtigsten Künstlerpersönlichkeiten der Stadt, den 80 Geburtstag daheim mit Freunden gefeiert hat.

 

Randi Bubat, die Frau des Ausnahme-Jazzers, ließ nicht locker, bis die finanziellen Mittel vorhanden waren für ein Konzert, das die beiden besten Orchester der Stadt unter Leitung von Stardirigent Dennis Russel Davies erstmals zusammenführt. Sie blieb dran, bis alle künstlerischen Fragen und Differenzen geklärt waren. Fast muss die Bühne der Liederhalle am Dienstagabend bei über 100 Musikerinnen und Musiker wegen Überfüllung geschlossen werden.

Dirigent Davies kommt zur Feier mit dem Rucksack

Zu Dauners runden Geburtstag Ende Dezember 2015 hatte die Stadt keinen Empfang gegeben. Höchste Zeit also, dies nachzuholen. Nach einem lautstark bejubeltem Konzert, dem fulminantem Aufeinandertreffen von Sinfonik und Jazz, bittet OB Fritz Kuhn Stadtpromis, Freunde der Familie Dauner sowie beide Orchester mit dem Dirigenten zur Feier bei Wein und Frühlingsröllchen in den Silchersaal der Liederhalle.

Als der 83-jährige Dauner mit Sohn Florian Dauner, dem Schlagzeuger der Fantastischen Vier, und Tochter Sian Dauner, Requisiteurin der Oper Stuttgart, den Saal in der oberen Liederhalle betritt, werden sie mit Applaus empfangen. Es ist die Verneigung für einen großen Sohn der Stadt. Mit seinem an diesem Abend mit großem Besteck aufgeführten Stück „,Second Prelude to the Primal Scream“ – zur Erinnerung an seine 1976 bei den Berliner Jazztagen uraufgeführte Oper „Der Urschrei“ – überzeugt Wolfgang Dauner als musikalischer Brückenbauer, der Grenzen überschreitet.

Mit Rucksack betritt der 75-jährige Dirigent Dennis Russell Davies locker wie ein Student den Silchersaal. Der ehemalige Chef des Stuttgarter Kammerorchesters, ein gebürtiger Amerikaner, verkörpert die Crossover-Idee seit Jahrzehnten. Anders als die meisten Deutschen kümmern sich Amerikaner nicht um die Grenzen zwischen U- und E-Musik. Sie akzeptieren nur die Grenze zwischen guter und schlechter Musik.

Künstler Ben Willikens wird im Juni 80

Von guter, ja hervorragender Musik schwärmen die Gäste wie Staatssekretärin Petra Olschowski, Bestseller-Autor Wolfgang Schorlau, Götz Adriani, der frühere Direktor der Kunsthalle Tübingen, der frühere Erste Bürgermeister Michael Föll, der als für die Finanzen zuständige Rathaus-Mann wesentlichen Anteil am Wahrwerden einer zunächst als verwegen geltenden Konzertidee hatte.

Künstler Ben Willikens, der im Juni seinen 80. Geburtstag in der Staatsgalerie feiert (auch deren Direktorin Christiane Lange ist beim Empfang dabei) glaubt, dass erfüllende Arbeit im fortschreitenden Alter Lebenselixier ist, was man bei ihm und Dauner sehen könne. Oder ist es auch Willikens junge, 1976 geborene Ehefrau?

Winzer Felix Graf Adelmann sagt, dass er sich über die Trollinger-Krise nicht wundert. Verdammen dürfe man den Klassiker nicht. Man müsse den Trollinger nehmen wie er ist, ihn nicht besser machen wollen.

In der obersten Liga bleibt Dauner, ein weiterhin reifender Klassiker der Jazzmusik. Als Schwabe beherrscht er die Kunst des Understatements. „Der Abend“, sagt er knapp und bescheiden, „war gut.“ Viel mehr sagt er nicht.

Den Urschrei trägt Dauner, der Große, tief in sich. Er lässt ihn nur musikalisch los. Und der haut emotional voll rein! Die Begeisterung ist an diesem Abend so groß, weil die Gäste spüren, etwas Einzigartiges erlebt zu haben. Von diesem Konzert wird in Stuttgart noch lange gesprochen.