Take That liefern in der Stuttgarter Schleyerhalle beste Unterhaltung und starke Musik. Dass nicht mehr so gekreischt wird wie früher, vermisst man nicht. Denn es gibt Ersatz.

Stuttgart - In Würde älter zu werden ist für niemanden leicht, für Popstars noch etwas schwerer – und für Boygroup-Musiker eigentlich fast nicht möglich. Wer diesen Job also mit Mitte vierzig noch ausübt, sollte dafür gute Gründe haben. Die denkbar besten Motive, um diesen Status weiterzuleben, demonstrierten Mark Owen, Gary Barlow und Howard Donald nun in der Schleyerhalle: Spaß an der Arbeit, ungebrochene Lust auf das Showbiz.

 

Dass man, zum Trio geschrumpft, statt einst Stadien nun nur noch Hallen und statt früher 40 000 nur noch 7000 Fans bespielt: Mit derlei Randnotizen halten sich Take That anno 2015 nicht weiter auf. Wer damit ein Problem hat, soll halt alleine weiterziehen (wie Robbie Williams) oder Psychiater werden (wie der 2014 ausgestiegene Jason Orange). Und das Publikum, das nicht mehr kommt? Dem entgeht eben eine hochprofessionelle Zweistunden-Show, lustvoll anzuschauen und temporeich durchinszeniert – drunter machen es die Briten nämlich nicht.

Die Bühne, zu Beginn als englisches Gaukler- und Marketender-Szenario gestaltet, dann als niedliche Unterwasserwelt, schließlich in Geisha- und Samurai-Optik und in minimalistisch-digitalem Design gehalten: ein (Kostüm-)Fest für’s Auge, ein farbenprächtiges und ab und an herrlich sinnfreies Spektakel auf drei Ebenen.

Atmosphäre wie beim Klassentreffen

Dass Mark & Co. ihre Choreografien nicht mehr ganz so mühelos wegtanzen wie vor zwanzig Jahren, dass in Stuttgart nicht mehr Kreischalarm, sondern eher Klassentreffen-Atmosphäre herrscht? Nebensächlichkeiten, inzwischen auch für’s Publikum. Anno 2015 werden bei einem Take-That-Konzert nicht mehr pubertäre Hormonschübe kompensiert, sondern man feiert ein Wiedersehen mit dem süßen Vogel der eigenen Jugend, gönnt sich einen Besuch in der Traummaschine der Entertainment-Branche, bei dem man die ganze Skala an Gefühlen von Euphorie bis Melancholie auf- und absurft. Und nicht zuletzt zwei Stunden lupenreinen Pop auf passablem bis prächtigem Niveau zu hören bekommt.

Denn was die Songs betrifft, haben die Briten einfach Asse haufenweise im Ärmel. „Pray“, „Back for good“ und „Never forget“ zeigen sich als makellose Hymnen ohne Verfallsdatum, „Get ready for it“ oder „Hold up a Light“ sorgen mit glamourösem Dance-Rock für Tempo und Dynamik, und „Could it be magic“ und „Relight my Fire“ machen als hi-energy-Tanzmusik die Schleyerhalle zur Großraum-Disco. Gespielt wird das von einer engagierten Band kompakt und punktgenau, wenn auch einen Tick zu brav. Beim nächsten Mal etwas mehr Biss im Sound – und der Weg von der Boygroup zur Popband könnte für Take That noch in ungeahnte Sphären führen.