Der Pianist Fabian Müller spielt Ende September gemeinsam mit dem Kölner Kammerorchester in der Schwabenlandhalle alle Beethoven-Klavierkonzerte. Im Interview spricht er über die beeindruckenden Hintergründe des Projekts.

Fellbach - Was für ein außergewöhnliches Konzertereignis zur Eröffnung der Fellbacher Theaterspielzeit in diesem Herbst: alle fünf Klavierkonzerte Beethovens an zwei Abenden führt der in Bonn geborene, international hochgeschätzte Pianist Fabian Müller am Montag und Dienstag, 27. und 28. September, jeweils von 20 Uhr an im Hölderlinsaal der Schwabenlandhalle auf. Der 31-Jährige, der an den Abenden zugleich vom Klavier aus das Dirigat übernimmt, berichtet, worauf sich die Zuhörerinn und Zuhörer freuen können.

 

Herr Müller, „Roll over Beethoven“ – schon mal gehört?

Von Chuck Berry? Ja, schon mal gehört. Was „Popmusik“ angeht, steige ich aber erst bei Michael Jackson wieder ein, davor habe ich große Lücken. Aber man kann ja auch nicht jede Musik kennen!

In Bonn aufgewachsen: damit ist einem musikinteressierten Kind Beethoven quasi in die Wiege gelegt, oder?

Eigentlich gar nicht. Ich hatte eine musikbegeisterte Familie und eine geniale Klavierlehrerin, seit ich vier Jahre alt war. Was es für ein unglaublicher Zufall ist, dass ich in Bonn geboren wurde – besonders global gesehen – wurde mir erst später bewusst, zum Beispiel, wenn ich irgendwo in China auf Konzerttournee war. Da war ich dann schon erstaunt, wie seltsam es ist, dass ich wie selbstverständlich als Kind rund ums Beethovenhaus Fangen gespielt habe.

Das ist Beethoven geballt: alle fünf Konzerte auf einen Streich, zum Glück wenigstens verteilt auf zwei Abende.

Um ehrlich zu sein, es ist auch so eine Zumutung. Aber die bestmögliche! Ein Konzert schöner als das andere. Und es ist faszinierend zu sehen, welche musikalische Reise man mit diesen Stücken unternimmt, wie auf einem langen Pilgerweg. Von dem frischen, frechen und kühnen Beginn zu den inspirierenden, philosophischen Weiten der späteren Konzerte.

Der monothematische Abend ist also ein Fall für Puristen?

Das Verrückte ist ja, dass in diesen fünf Werken alles gesagt ist, was über ein menschliches Leben gesagt werden kann. Man kann dieselben Sachen auch anders ausdrücken. Aber es gibt kein Element der Menschlichkeit, das in Beethovens Musik fehlt. Es ist also kein Projekt für Puristen, sondern das Gegenteil: für Menschen, die alles erleben wollen.

Wie profund müssen denn die Vorkenntnisse sein?

Ich kenne keine Musik, die so sehr für sich selbst spricht. Und gleichzeitig jedem etwas anderes erzählt. Eine Vorbildung braucht man dafür nicht.

Welchen Part nimmt das Kölner Kammerorchester ein als ältestes Kammerorchester Deutschlands?

Dieses Orchester ist nicht nur ein ganz fantastisches Ensemble, sondern uns verbindet auch eine Freundschaft. Die Proben waren für alle eine sehr schöne Zeit, und jeder fühlte sich wohl. Wenn man so eng und so intensiv zusammenarbeitet, dann ist das sehr wichtig. Ich bin ja nicht nur der Pianist, sondern leite als Dirigent gleichzeitig auch unsere Arbeit an den Stücken. Wenn die Grundstimmung nicht gut ist, lässt sich kein schönes Ergebnis erzielen.

Sie sind bereits in der Elbphilharmonie Hamburg aufgetreten. Ist das tatsächlich das sensationelle Konzerthaus, wie man immer hört?

Jeder Saal ist wie eine Person, sie hat Stärken, sie hat Schwächen. Die Elbphilharmonie ist sehr spektakulär, das fängt schon bei der Rolltreppe an. Aber sobald ich anfange zu spielen, ist es ohnehin egal, wo ich bin. Da geht es nur um die Musik und das Publikum, mit dem ich die musikalische Reise antrete.

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Wie ist Ihre Verbindung zu Fellbach, Sie waren ja schon einmal bei den Rathauskonzerten zu Gast?

Das Konzert in Fellbach in 2019 hat mir riesigen Spaß gemacht, und im Anschluss kamen wir auf die Idee, dass es toll wäre, mit dem Beethovenprojekt wieder zurückzukommen. Doch dann kam Corona, und alles geriet aus den Fugen. Dass wir nach all den Turbulenzen jetzt doch noch dazu kommen, das Konzert zu spielen, gibt mir viel Hoffnung für die Zukunft!

Fabian Müller und sein Gespräch mit Beethoven

Herkunft
 Seinen ersten Klavierunterricht erhielt der 1990 in Bonn geborene Fabian Müller bereits im Alter von vier Jahren. Mit 15 Jahren wurde er an der Hochschule für Musik und Tanz in Köln aufgenommen. In den vergangenen Jahren hat er eine Vielzahl an gefeierten Konzerten gegeben, zum Beispiel im Berliner Konzerthaus, in der New Yorker Carnegie Hall oder in der Elbphilharmonie Hamburg.

Konzert
 In der Schwabenlandhalle agiert Müller am 27. und 28. September gemeinsam mit dem Kölner Kammerorchester. Motto: „Im Gespräch mit Beethoven.“ Dessen Musik werde „plastisch erlebbar“, verspricht das Kulturamt: „Flügel und Orchester antworten aufeinander, werben umeinander, streiten bisweilen, versöhnen sich schließlich.“ Es gibt noch Karten.