Die CDU im Regionalverband schlägt eine neue Konzerthalle mit bis zu 5000 Plätzen vor. Tatsächlich fehlen vor allem Probenräume für klassische Konzerte und Pop-Veranstaltungen. Die Stadt Stuttgart arbeitet an einer Bedarfsanalyse.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Es war ein Traum des früheren Stuttgarter Oberbürgermeisters Wolfgang Schuster (CDU) gewesen: eine neue „Schlossgartenphilharmonie“ zu bauen. Sie sollte im Rosensteinpark errichtet werden, wenn die Gleise von Stuttgart 21 irgendwann abgebaut sein würden. Seit Schusters Vorschlag im Jahr 2009 hat der Traum reichlich Staub angesetzt, obwohl es Verfechter des Projektes gibt. Jetzt aber hat die CDU-Fraktion im Regionalparlament in einem Antrag angeregt, eine regionale Initiative zu gründen, um ein Haus mit 4000 bis 5000 Plätzen zu schaffen.

 

Stilvoll soll das Konzerthaus sein, mit viel Atmosphäre und hoher architektonischer Qualität, sagt Rainer Ganske, der Vizechef der Regional-CDU. Von Kultureinrichtungen und Veranstaltern werde seit Langem darauf hingewiesen, dass in Stuttgart eine solche Halle für klassische Konzerte und für Pop- und Rockveranstaltungen fehle. Parallel dazu fordert die CDU mit einem anderen Antrag den Regionalverband auf, sich gemeinsam mit der Stadt Stuttgart als „Europäische Kulturhauptstadt 2025“ zu bewerben. „Beides gehört zusammen“, so Ganske: So könne man zeigen, wie ausgezeichnet das Kulturangebot in der Region Stuttgart sei. Im Kampf um die Fachkräfte würden weiche Standortfaktoren immer wichtiger.

Liederhalle hat kaum noch Kapazitäten

Michael Russ, einer der wichtigsten Konzertveranstalter Stuttgarts, gehört seit Langem zu den Kämpfern für eine neue Halle. Das Hauptproblem in Stuttgart seien die fehlenden Kapazitäten: Die Liederhalle sei so gut belegt, dass viele Pianisten oder Orchester vor ihren Auftritten kaum üben könnten, weil am Vormittag noch der Abbau der letzten Veranstaltung läuft. Manche Künstler hatten bereits erwogen, deswegen Konzerte in Stuttgart abzusagen. Richtig knapp wird laut Russ der Raum von 2016 an, wenn die beiden Sinfonieorchester des SWR fusioniert seien: Das neue Orchester brauche viel mehr Platz zum Üben, den es gar nicht gebe.

„Wir werden international langsam abgehängt“, resümiert Michael Russ: „Wenn wir Orchestern und großen Solisten nichts anbieten können, gehen sie künftig an Stuttgart vorbei.“ Der Rosensteinpark, wo frühestens in 15 Jahren gebaut werden könnte, sei deshalb nicht geeignet, so Russ: „Die Stadt ist jetzt gefordert, einen anderen Standort vorzuschlagen.“ Demnächst hat er, ganz zufällig, deswegen auch einen Termin mit OB Fritz Kuhn.

Bisher ist der Beethovensaal in der Liederhalle mit 2100 Plätzen der größte Saal in der Landeshauptstadt, der sich auch für klassische Konzerte eignet. Die Porsche-Arena mit 7500 Sitzplätzen passt wegen der kühlen Atmosphäre nicht zur Klassik; zudem wäre die Halle selbst für die berühmtesten Starpianisten zu groß.

Kulturbürgermeisterin hält 4000 Plätze für zu groß

Ein Haus zwischen Liederhalle und Porsche-Arena, das schwebt der CDU und auch Michael Russ vor. Allerdings: offenbar gibt es nirgendwo in Deutschland ein derart großes Konzerthaus – selbst in Berlin bietet die Philharmonie nur ähnlich viele Plätze wie die Liederhalle. Spitzenreiter in der Republik ist der historische Kuppelsaal des Kongresszentrums in Hannover: Er fasst 3642 Besucher.

Kulturbürgermeisterin Susanne Eisenmann (CDU) hält 4000 Plätze deshalb für zu hoch gegriffen: „Stuttgart fehlt nicht ein großes Konzerthaus, sondern ein Konzerthaus mit zusätzlichen Kapazitäten“, sagt sie. Grundsätzlich sei sie aber für jede Idee aufgeschlossen – zudem laufe gerade in Stuttgart eine Bedarfsanalyse. Es gehe darum herauszufinden, wie sich die Konzertszene und die Gewohnheiten des Publikums in den nächsten Jahren verändern könnten, um daraus den Raumbedarf für Stuttgart abzuleiten. Erst wenn der Bericht vorliege, könne man konkret über Baupläne sprechen: „Es geht ja um hohe zweistellige Millionenbeträge“, so Eisenmann.

Ein Haus kostet eine hohe zweistellige Millionensumme

Das Geld wird auch tatsächlich eines der größten Probleme sein. „Es würde das Thema beflügeln, wenn sich der Regionalverband mit einer namhaften Summe an der Finanzierung beteiligen würde“, sagt die Bürgermeisterin deshalb in Hinblick auf den Antrag der Regional-CDU. Tatsächlich schließt Rainer Ganske für seine Fraktion ein Betreibermodell mit der Stadt „unter Einbeziehung des Regionalverbandes“ nicht kategorisch aus.

Wolfgang Utz, der Sprecher des SWR, betonte in einer Stellungnahme, dass der Sender den Bau eines neuen Konzerthauses mit „großer Sympathie“ begleiten und gerne auch die Erfahrungen seiner Orchester und Ensembles einbringen würde. Die Verantwortung für die Planung und Ausführung des Projekts müsste aber bei der Stadt liegen. Ob sich der SWR eine finanzielle Beteiligung vorstellen könne, dazu äußerte sich Wolfgang Utz nur sehr vage: „Sollte es zur Realisierung des Projekts kommen und ein Engagement des SWR angefragt werden, müsste dieses sorgfältig auf seinen Nutzen im Sinne unseres Programmauftrags geprüft werden.“ Ein kategorisches Nein hört sich anders an.