Adel Tawil ist am Freitagabend mit einem starken Bühnenkonzept und großen Gefühlen in der Porsche-Arena aufgetreten. Der eigene Anspruch des Sängers war hoch.

Stuttgart - Es braucht eine Weile, bis die Gäste am Freitagabend warm werden mit der nüchternen Atmosphäre in der Porsche-Arena. Über eine Stunde lang haben Thimo Sander und Tim Kamrad das Vorprogramm zum Konzert von Adel Tawil bestritten, Sander mit schönen Songs auf seiner Akustikgitarre, der erst 22-jährige Newcomer Kamrad mit drei Bandkollegen und rockig-funkigen Stücken, eigenständig und stimmlich stark. Trotzdem herrscht während der beiden Auftritte noch ein reges Kommen und Gehen, draußen an den Verkaufsständen gibt es Pizza und Schokolade, die Fans stärken sich, bevor Adel Tawil um 20.45 Uhr die Bühne betritt.

 

Naive Verse holpern

Erstaunlich schnell hat der 41-jährige die Menge vor sich in Bann geschlagen, was zu einem guten Teil am tollen Bühnenkonzept liegt: Das quadratische Podium wird von drei Seiten vom Publikum umflutet, ein beweglicher, halbdichter Fransenvorhang dient als Projektionsfläche, die siebenköpfige Band wird auf einem Podest von hinten auf die Szene gefahren.

Die Musik des gebürtigen Berliners nimmt sich dagegen schlichter aus. Der erste elektronisch puckernde Song „Liebe to Go“ stammt von Tawils aktuellem Album „Alles lebt“ und klingt wie eine unbestimmte Erinnerung an die Musik der Achtziger. Über die Synthetikklänge holpern Tawils naive Verse: „Wir drehen uns durch die Nacht ins Sonnenlicht/Außer uns beiden gibt es sonst nichts/Würd’ gerne sagen: Chef, ich komm’ nicht/Weil das Allerbeste auf der Welt umsonst ist“.

Es wird manchmal schwierig

Doch gerade diese Einfachheit ist wohl kalkuliert und das Markenzeichen nicht nur von Tawils Musik, sondern auch das seiner Kollegen wie Andreas Bourani oder Xavier Naidoo, die mit scheinbar bodenständigen, dabei oft mit Pathos aufgeladenen Sprachbildern intensive Gefühle besingen. Auch bei Adel Tawil geht es um Kometen und Sterne, um den Herzschlag eines anderen, im Song „Neonfarben“ wird eine Frau angebetet, „mit deiner Haut, die wie Gold glänzt“, sogar „von Göttern gebaut“ - die echte Empfindung verblasst vor soviel Überschwang.

Schwierig wird es immer dann, wenn Tawil abseits emotionaler Innerlichkeit sozial relevante Themen anzusprechen versucht. Im Stück „Atombombe“ etwa verarbeitet er das Erlebnis eines Raketen-Fehlalarms auf der Insel Hawaii, wo Tawil 2018 an Aufnahmen arbeitete. „Die Welt sieht schön aus, so kurz vor ihrem Ende“ lautet eine gruselig verrutschte Zeile. Da hilft auch die beste Absicht wenig.