Stuttgarts Veranstalter freuen sich nach einer Baustellen-Führung auf eine rundum erneuerte Spielstätte mit zwei Hallen. Ein Teil der Gastronomie eröffnet schon im März, erste Konzerte sollen aber frühestens im Sommer stattfinden.

Freizeit & Unterhaltung : Ingmar Volkmann (ivo)

Stuttgart - Löcher im Boden, unverputzte Decken, der Geruch von feuchtem Beton, der eigentümliche Charme von Baustrahlern: die Stuttgarter Popkonzertveranstalterszene spazierte am Dienstag in zwischen Verzückung und Vorfreude changierendem Zustand durch die Räumlichkeiten des ehemaligen Zapatas, das gegenüber dem Rosensteinpark einst Heimat legendärer Konzerte war. Bald sollen an dieser Stelle in zwei Hallen unterschiedlicher Größe – einmal mit einer Kapazität von 550 und einmal von 1300 Zuschauern – wieder ausgesuchte Popkonzerte stattfinden.

 

Jetzt steht auch der neue Name fest: Aus dem Zapata wird schlicht das „Im Wizemann“. Der neue Kopf des Unternehmens ist Matthias Mettmann. Als geschäftsführender Gesellschafter hatte er die wichtigsten Stuttgarter Veranstalter, unter anderem Christian Doll von C2 Concerts und Hans-Peter Haag vom Music Circus, zu einer ersten Besichtigung nach mehrmonatiger Umbauphase geladen. Auch Peter James vom Popbüro ließ sich die Gelegenheit nicht nehmen, ausnahmsweise einmal positive Nachrichten aus dem Bereich Pop in Stuttgart zu erleben.

Peter James verspricht sich einiges vom Wizemann

Um den Popstandort ist es nämlich nicht zum Besten bestellt. Seit dem Wegfall der Röhre klafft in der Stadt eine Lücke in Bezug auf die Auftrittsmöglichkeiten. Nachdem in den vergangenen Wochen parallel dazu das Ende der Wagenhallen als Konzertspielstätte quasi herbeidiskutiert wurde, konnte man den Popbüro-Chef Peter James die Erleichterung ansehen. „Ich verspreche mir einiges von den beiden Hallen“, sagt Stuttgarts oberster Pop-Beauftragter. „Wahnsinn, so etwas einmal im Rohzustand sehen zu dürfen.“

Der Begriff Wahnsinn beschreibt die Dimensionen des Wizemanns recht treffend. Seit dem Ende des Zapatas ist ein Wahnsinnsfortschritt zu erkennen. Vor allem gegenüber den einst selbst gebastelten Wänden, die in der Brandschutzhauptstadt Stuttgart in der Rückschau geradezu grotesk anmuten. Außerdem wurde die lange Bar in der großen Halle abgerissen, um künftig mehr Platz in der Breite zu haben.

Einige Details im Zapata waren statisch zweifelhaft

Ebenfalls Geschichte ist die provisorische Empore in der großen Halle. „Unser Statiker hat sich über viele Details des Zapatas gewundert, bei der Empore hat er aber einen Herzkasper bekommen. Mehr als zehn Konzertgänger hätte das Konstrukt nicht getragen“, erzählt Mettmann bei der Führung und erntet darauf Gelächter unter den Veranstaltern. Bei richtig gut besuchten Zapata-Konzerten befanden sich gerne mehr als 100 Menschen auf der Empore. Auch hier trifft Wahnsinn wieder am besten: Der ehemalige Betreiber Javier Arévalo scheint über einen guten Schutzengel verfügt zu haben.

Bei allen Baufortschritten benötigt man immer noch viel Fantasie, um die Konzerthallen schon als solche zu erkennen. Dabei soll bereits im März im ehemaligen Pförtnerhäuschen ein Café eröffnen, das unabhängig vom Konzertbetrieb eine Nahversorgungslücke in dem Industriegebiet schließt, in dem Wizemann, aber auch Mahle und andere angesiedelt sind. Dazu soll es in der neuen Konzertlocation ein Restaurant geben, das einen Mittagstisch anbietet sowie vor und nach den Konzerten Speisen und Getränke auffährt. Nicht nur die Firmen in der Nachbarschaft dürften sich über dieses Angebot freuen.

Spaziergang in die Wizemann-Unterwelt

Die versammelte Veranstalterriege indes ist eher glücklich über die technischen Details der Halle: Freude darüber, dass die Stahlträger über der Bühne künftig vier Tonnen Technik tragen; Ekstase, dass auf dem Parkplatz der Halle Platz für die größten Trucks zur Anlieferung ist. „Von der Bühne geht eine Treppe direkt hinunter in den Keller, wo sich in Zukunft der Backstagebereich befinden wird“, erzählt Mettmann und führt seine Besucher in die Unterwelt des Wizemann. „Hier befinden wir uns in der künftigen VIP-Garderobe mit eigener Dusche und Toilette“, zeigt Mettmann auf Kachelreste in der einen Ecke und voll gekritzelte Wände in der anderen. Dazu gluckert es bejahend aus einem offenen Rohr im Boden – der Rundgang mutet in diesem Moment an wie eine Reise zum Mittelpunkt der Erde.

Zurück im früheren Eingangsbereich des Zapatas: das Mintgrün der Wände korrespondiert immer noch ganz bezaubernd mit dem abgerockten Rot. Mettmann schwärmt von der Sound-Anlage, die er bestellt hat, und erläutert seinen Zeitplan. Ab dem Sommer soll die Halle bespielbar sein. Der eigentliche Spielbetrieb wird aber erst im September aufgenommen. „Vielleicht werden wir zuvor die eine oder andere Festival-Filler-Show anbieten, oder einer der Chimperator-Künstler wird mal einige Tage bei uns proben“, so Mettmann.

Hans-Peter Haag vom Branchenprimus Music Circus freut sich am Ende der Führung: „Das ist hier wirklich ein Lichtblick in schwierigen Zeiten. Zwei neue Hallen schaffen nämlich selbst wieder eine Nachfrage. Manche Bands kommen vielleicht wieder auf die Idee, dass man in Stuttgart überhaupt auftreten kann“, ist sich Haag sicher. „Matthias, man kann dich also ab jetzt wegen Terminen anrufen?“ – „Sehr gerne sogar“, verabschiedet Mettmann seine Besucher mit einem zufriedenen Lächeln. Baustellenführung geglückt, Konzertstandort Stuttgart zumindest schon mal ein bisschen gerettet.