USA-Kooperation des VfB Stuttgart Die fatale Verbindung zum Team „Blitzkrieg“
Die Kooperation des VfB Stuttgart mit einem US-Club löst einen kleinen Aufschrei aus, weil dessen U-12-Jungs einen problematischen Beinamen tragen.
Die Kooperation des VfB Stuttgart mit einem US-Club löst einen kleinen Aufschrei aus, weil dessen U-12-Jungs einen problematischen Beinamen tragen.
Kampf gegen den Abstieg, Abschied von Thomas Hitzlsperger, Arbeitsbeginn des neuen Vorstandsvorsitzenden Alexander Wehrle – ruhig geht es beim VfB Stuttgart selbst in der Länderspielpause nicht zu. Und nun taucht auch noch ein Thema auf, das bedrohlich ist für das Image eines Bundesligisten. Eine gut gemeinte Zusammenarbeit mit einem Fußballverein in den USA führt zu negativen Schlagzeilen: über den VfB und das Team „Blitzkrieg“.
Beim Thema Internationalisierung fordert die Deutsche Fußball-Liga (DFL) ihre Clubs nicht nur, sie fördert auch. Zum Beispiel Kooperationen mit Vereinen im Ausland. Kontakte nach Japan hat der VfB längst geknüpft, und seit ein paar Wochen gibt es auch eine Verbindung in den US-Bundesstaat New Jersey, die Heimat von Cheftrainer Pellegrino Matarazzo. Dort sind in der Hauptstadt Trenton die German American Kickers (GAK) zu Hause, die großes Interesse daran haben, vom Wissenstransfer aus Deutschland zu profitieren.
Erste virtuelle Trainingseinheiten für Jugendmannschaften und auch Trainerschulungen fanden bereits statt, außerdem gab es einen Workshop für Sportjournalisten aus New Jersey mit Matarazzo. „Wir wollen großartige Aktivitäten voller Leidenschaft und Hingabe organisieren“, sagt Rouven Kasper, der Marketingvorstand des VfB. Und Kommunikationsdirektor Tobias Kaufmann erklärt: „Es geht bei dieser Kooperation nicht um Scouting für unsere Profiabteilung, sondern darum, Kindern und Jugendlichen mit modernen Trainingsmethoden Spaß am Fußball zu vermitteln.“ Das kommt an. In einem Fall allerdings anders als gedacht.
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Vor drei Tagen postete ein Team der German American Kickers auf der Facebook-Seite des Clubs ein Foto. Die Nachwuchsfußballer tragen allesamt VfB-Trikots, posieren vor einem roten VfB-Banner. Versehen ist das Bild mit dem Text: „Unsere U12 Jungs GAK Blitzkrieg nach ihrem VfB Stuttgart Training.“ Es dauerte nicht lange, bis der Beitrag auf Twitter die Runde machte – und so auch der VfB auf die fatale Verbindung des Begriffes „Blitzkrieg“ mit seinem Namen und seinem Logo aufmerksam wurde.
Die Erklärung ist ebenso einfach wie unbefriedigend. In den USA ist es üblich, Sportmannschaften Rufnamen zu geben, auch bei den German American Kickers. Die Jugendteams heißen „Tigers“ oder „Cobras“, „United“ oder „Fusion“ (Vereinigung), aber auch „Havoc“ (Verwüstung). Und die U-12-Jungs firmieren unter „Blitzkrieg“. Dass dieser Begriff geschichtlich und aktuell auch im Zusammenhang mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine problematisch sein könnte, das ist dem Verein offenbar nicht bewusst gewesen. „Wir haben jetzt realisiert, dass der Gebrauch des Spitznamens ‚Blitzkrieg‘ in Deutschland ein sensibles Thema ist“, heißt es in einer Stellungnahme der GAK, „doch das ist in den USA und rund um die Welt nicht der Fall. Es ist sogar ziemlich üblich, diesen Namen als Bezeichnung für Sportmannschaften zu verwenden.“
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Trotzdem führte der VfB mit seinen Kooperationspartnern ein ernstes Gespräch. „Wir haben darauf hingewiesen, dass dieser Name aus deutscher Perspektive absolut unpassend ist“, sagt Tobias Kaufmann, „der Verein wird diese Bezeichnung umgehend ändern.“ Das bestätigen die German American Kickers: „Wir schätzen die neue Partnerschaft mit dem VfB Stuttgart sehr, deshalb werden wir den Namen, der zu diesen Problemen führte, ersetzen. Diesen Begriff zu nutzen war nie der unterschwellige Versuch, Hass oder irgendetwas Abwertendes zu fördern.“
Das klingt aus Sicht des VfB glaubwürdig. „Der Verein hat uns versichert, dass das Wort ‚Blitzkrieg‘ in den USA völlig unbelastet verwendet wird“, erklärt Tobias Kaufmann, „es waren damit keinerlei Hintergedanken von Hass oder Diskriminierung verbunden.“ Dies untermauern die GAK mit dem Schlusssatz ihrer Erklärung: „Wir sind ein Verein, in dem viele Rassen, Religionen und ethnische Hintergründe zu Hause sind, und auf diese Tatsache sind wir sehr stolz.“ Bleibt noch eine offene Frage.
Der Team-Rufname „Blitzkrieg“ wird schon seit fünf Jahren verwendet, angeblich nahm der Verein aus Trenton bei der Auswahl eine Anleihe bei der Punkrockband Ramones, deren größter Hit „Blitzkrieg Bop“ wegen der ersten Zeile „Hey ho, let’s go“ gerne bei Sportveranstaltungen gespielt wird. Allerdings reichen schon zwei Klicks aus, um auf der Internetseite der German American Kickers eine Liste mit allen Bezeichnungen der Jugendmannschaften zu finden. Warum beim VfB keinem das Team „Blitzkrieg“ aufgefallen ist? Ist ungeklärt. „Ich weiß nicht, weshalb das in unserer Fußballschule niemand bemerkt hat“, sagt Tobias Kaufmann.
Künftig dürfte bei solchen Kooperationen etwas genauer hingeschaut werden. Denn diese Art der Unruhe hätte sich der VfB sicherlich gerne erspart.