Der verurteilte Mörder Madsen gilt als psychopathischer Frauenhasser. Nach seiner Hochzeit in Haft fragen sich nicht nur die Dänen: Wie kann man einen solchen Schwerverbrecher lieben?

Kopenhagen - Die Empörung ist groß in Dänemark, denn Peter Madsen (49) gilt als einer der brutalsten Frauenmörder in der Geschichte des Königreichs. Nun ist bekannt geworden, dass der laut einem Gutachten der Rechtspsychiatrie „perverse Psychopath“ bereits am 19. Dezember 2019 in der Herstedvester Strafvollzugsanstalt bei Kopenhagen geheiratet hat – die attraktive und gebildete Russin Jenny Curpen (39), die in Finnland lebt. Enthüllt hat dies die dänische Zeitung BT. Curpen selbst, eine Künstlerin und politische Aktivistin, aber auch Angehörige von Madsen, bestätigten der Zeitung die Heirat.

 

Zwei Stunden soll das Paar nach der Trauung dann alleine in einer Liebeszelle verbracht haben. Auf menschenwürdige Haftbedingungen wird in Skandinavien wert gelegt. Madsen hatte auf Facebook nach Brieffreunden gesucht. So begann die Romanze. Falls Madsen in zehn Jahren einen Begnadigungsantrag stellt und dem stattgegeben wird, könnten die beiden zusammenziehen. Im Schnitt sitzen lebenslänglich Verurteilte in Dänemark 15 Jahre.

Wie kann eine Frau einen Frauenmörder und Sexualstraftäter heiraten?

Die Dänen fragen sich nun: Wie kann eine Frau einen Frauenmörder und Sexualstraftäter heiraten? Zur Erinnerung: Im April 2018 wurde Madsen zu lebenslänglicher Haft verurteilt. Ende August 2017 hatte er die über ihn schreibende schwedische Journalistin Kim Wall in seinem selbst gebauten U-Boot Nautilus UC3 ermordet. Er hatte – laut Urteil – sein Opfer „am Kopf, Armen und Beinen“ festgebunden, bevor er die Frau stundenlang misshandelte, sie „schlug, stach, schnitt und zuletzt tötete“.

Auch besonders gefährliche sexuelle Übergriffe habe Madsen an ihr begangen, referierte die Richterin in ihrer Urteilsbegründung. Zehn Stiche außerhalb ihres Geschlechtsorgans und vier Stiche in ihm protokollierten die Rechtsmediziner. Getötet haben soll Madsen sein Opfer durch „Halsdurchschneidung oder Erdrosselung“. Die genaue Todesursache konnte nicht festgestellt werden. Madsen hatte die Leiche zersägt. Mit Riemen befestigte Metallröhren nutzte er als Gewichte, um die Körperteile in Beuteln in der Kopenhagener Kögebucht zu versenken.

Sogar eine Gefängniswärterin musste kündigen

„Ich hoffe nicht darauf, dass man mich vollständig versteht,“ erklärte die frisch gebackene Ehefrau der Zeitung BT. Sie wolle ihre Beziehung zu Madsen auch in einem feministischen Kunstprojekt thematisieren. Auf Instagram postete Curpen Bilder von Zeichnungen der Nautilus UC3, dem Ort der Bluttat, was hasserfüllte Kommentare provozierte. Der Tenor: Curpens Verhalten sei eine Beleidigung aller misshandelten und unterdrückten Frauen der Welt. Jenny Curpen antwortete: „Liebe Freunde und Feinde. In den vergangenen Stunden erhielt ich Tausende von sonderbaren, dummen, absurden oder aggressiven Kommentaren und Drohungen von sogenannten normalen, gesetzestreuen und guten Menschen, die Gewalt so sehr hassen, dass sie bereit sind, meinen Mann und mich zu töten. Ich liebe und respektiere meinen Mann.“ Sie sei „stolz auf ihn und 49 Jahre seines Lebens – mit Ausnahme eines Tages, der eine Tragödie war. Mein Mann hat ein schreckliches Verbrechen begangen und wird dafür bestraft“, schreibt Curpen. Ihr Mann sei selbst Opfer seiner Tat.

Madsen hatte vor seiner Verurteilung viele Beziehungen zu Frauen. Auch die Verurteilung änderte daran wenig. Im Gegenteil. Curpen ist nicht die einzige, die an ihm Interesse zeigt. Viele Frauen schreiben an Madsen. Sogar eine Gefängniswärterin musste kündigen, weil sie starke Gefühle für den Mörder entwickelt hatte. „Es war so schön mit ihm zu reden. Ich konnte nicht mehr aufhören“, sagte die Frau den dänischem Medien.

Warum verlieben sich Frauen in Schwerverbrecher?

Peter Madsen ist kein Einzelfall. Auch der rechtsradikale norwegische Massenmörder Anders Breivik hat viele weibliche Fans. Eine 20-jährige Schwedin behauptet, sie habe ihm 150 Liebesbriefe geschickt. Auch der US-Serienmörder Ted Bundy hatte zahlreiche Groupies, eine von ihnen heiratete ihn. Um Eric Harris und Dylan Klebold, die Amokläufer an der US-Schule von Columbine bildete sich eine weibliche Groupie-Gemeinde.

Die Neigung von Frauen zu Schwerverbrechern ist kaum erforscht. „Oft hatten diese Frauen schon zuvor keine gesunden, normalen Beziehungen zu anderen Männern“, behauptet der deutsche Psychotherapeut Christian Lüdke. Häufig seien diese Frauen in vorigen Beziehungen misshandelt worden. Sitze der neue Partner im Gefängnis, entstehe so ein angenehmes Kontrollgefühl, das sie in früheren Beziehungen nicht hatten.

Der Täter werde nur selten besucht und deshalb idealisiert, so Lüdke. Die Geliebten fühlten sich oft als die einzige Menschen, die den wahren, liebenswerten Kern der Schwerverbrecher kennen. Daraus entstehe ein Gefühl der Exklusivität. Aufopferung für einen Gefangenen sei ein anderes Motiv. Bei der Künstlerin im Fall Madsen dürfte wie in anderen solcher Fälle auch der Wunsch nach mehr öffentlicher Bekanntheit mitspielen.