Köln - Eigentlich dauert das Youtube-Video nur 2 Minuten und 15 Sekunden. 2:15 Minuten, in denen verschiedene junge Muslimas wie in einem Fashion-Clip ihre modisch gestalteten Hijabs, also ihre Kopftücher, präsentieren. Das Statement: „Mein Kopftuch, meine Wahl.“ Wer ein Hijab tragen möchte, solle das tun, denn auch die Kopfbedeckung stehe für Feminismus, Freiheit und Style, sagt eine Stimme im Hintergrund des Clips. Das Video veröffentlichte vor einigen Tagen die Gruppe Datteltäter auf ihrem Youtube-Kanal; sie sind Teil von Funk, dem Jugendsender von ARD und ZDF.
Seitdem kochen die Emotionen über den Clip hoch. Der Zentralrat der Ex-Muslime hat für das Wochenende eine Protestdemo vor dem Kölner Gebäude von Funk angekündigt. „Stoppt die Hijab-Propaganda von Funk!“, schreibt der Verein mit Sitz in Köln auf seiner Homepage und weiter: „Diese Darstellung des frauenverachtenden politischen Symbols ist fernab jeglicher Realität von vielen muslimischen und ex-muslimischen Frauen in Deutschland, Europa und dem Nahen Osten.“
Ähnliche Meinungen finden sich in den Kommentaren unter dem Video und im konservativen politischen Lager. So schreibt etwa der CDU-Bundestagsabgeordnete Matthias Hauer auf Twitter: „In manchen Ländern kämpfen Menschen dafür, das Ding ablegen zu dürfen. Sie werden dafür an Leib und Leben bedroht. #funk stört das nicht. funk feiert den #Hijab trotzdem – und sagt dazu kein einziges Wort.“ Auch Politikerinnen und Politiker der AfD schlagen in diese Kerbe.
Klare Reaktion von den Verantwortlichen
Öffentlich haben sich bisher weder Funk noch die Datteltäter zu dem mittelschweren Shitstorm geäußert. Auf Anfrage unserer Redaktion verweist Funk auf den Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB), „da das Format Datteltäter dort redaktionell betreut wird“. Ein Sprecher des RBB teilt mit: Man verstehe einerseits, „wenn Menschen die Erfahrungen der Protagonistinnen nicht teilen oder ihnen widersprechen. Die Erfahrungen der Frauen im Video sind andererseits ebenso ernst zu nehmende und hörenswerte Stimmen der muslimischen Community.“
Im Video spreche man sich zudem nicht „für einen Zwang zum Hijab aus“. Auch erreiche die Redaktion viel Zuspruch: „Wir fühlen uns dadurch darin bestärkt, kontroverse Themen aufzugreifen und auch zuzuspitzen, um immer wieder neu zu offenen, gerne auch streitigen Diskussionen beizutragen.“
Die Datteltäter sind bekannt dafür, ihre Videos provokant zu gestalten und mit klarer Meinung aufzutreten. In ihren beliebtesten Clips spielen sie rassistische Situationen für Muslime in Deutschland bitterböse nach. Ein Blatt vor den Mund nehmen sie dabei nie. „Klar ist mein Hijab auch Projektionsfläche für deine Vorurteile“, sagt die Sprecherin im Hijab-Video. „Aber was du machst mit deinem Hass, ist dein Ding, nicht meins. Du und deine Fragen, du und deine Einwände sind dein Problem, nicht meins.“
Lesen Sie aus unserem Plus-Angebot: Zwei Muslimas erzählen ihre Geschichte – Was bedeutet das Kopftuch?
Das Video ordnet sich mit seinem Statement in eine seit Jahren immer wieder aufflammende Debatte ein. Jüngst startete der Europarat eine Online-Kampagne gegen die Diskriminierung von Kopftuchträgerinnen. Auch dort betonten die Initiatoren unter anderem, es stehe jedem frei, einen Hijab zu tragen. Nach massiver Empörung aus Frankreich zog der Rat seine mit 340 000 Euro von der Europäischen Union geförderte Kampagne vorläufig wieder zurück.