Hat es am Flughafen Stuttgart fragwürdige Koppelgeschäfte mit Airlines gegeben? Das lässt Verkehrsminister Hermann derzeit mit großem Aufwand von externen Prüfern untersuchen. Das Ergebnis ist noch offen.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Am Flughafen Stuttgart könnte es zu fragwürdigen Koppelgeschäften mit Fluggesellschaften gekommen sein. Für Airlines, die neu nach Stuttgart kamen oder neue Verbindungen anboten, soll es rechtlich zweifelhafte Fördermaßnahmen gegeben haben. Entsprechende Hinweise lässt der Aufsichtsratschef der von Land und Stadt getragenen Flughafengesellschaft, Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne), derzeit umfassend untersuchen. Dies bestätigte Hermann auf Anfrage unserer Zeitung.

 

Seinem Ministerium seien Zweifel an der Abrechnungspraxis von Flughafenentgelten bekannt geworden, sagte Hermann. Daraufhin habe er veranlasst, dass eine Anwaltskanzlei die Praktiken rechtlich überprüfe; diese Prüfungen seien komplex und dauerten noch an. „Die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben hat für mich und den Aufsichtsrat oberste Priorität“, betonte der Minister. „Gesetzeskonformes Handeln wurde auch von den Geschäftsführern erwartet.“ Ob die vorgebrachten Zweifel berechtigt sind, sei noch nicht absehbar. In diesem Fall würden die notwendigen Schritte eingeleitet.

Zuschüsse ohne Gegenleistung?

Entgelte für Starts oder Landungen sind die wichtigste Einnahmequelle von Flughäfen. Sie werden in einer von der Aufsicht genehmigten Entgeltordnung transparent festgelegt. Besonders umworbene Airlines sollen in Stuttgart aber nicht nur die Gebühren gezahlt, sondern ihrerseits Geld vom Flughafen erhalten haben. Solche Zuschüsse für Marketing oder Werbung sind in der hart umkämpften Branche üblich und zulässig, wenn ihnen eine Gegenleistung gegenübersteht. Daran soll es aber teilweise Zweifel geben.

Nach Informationen unserer Zeitung wurde das Verkehrsministerium von der im Herbst 2017 neu gekommenen Co-Geschäftsführerin Arina Freitag informiert. Diese soll auf Praktiken gestoßen sein, die sie nicht verantworten konnte und wollte. Die fraglichen Geschäfte seien intern abgeschottet worden und deshalb erst spät aufgefallen, heißt es. Bereits im Spätsommer 2018 hatte Hermann daraufhin eine Sondersitzung des Aufsichtsrates einberufen und eine Sonderprüfung in Auftrag gegeben. Eine spezialisierte Kölner Anwaltskanzlei untersucht die Vorgänge derzeit; nach einer ersten mündlichen Information wird Ende Februar ihr Abschlussbericht erwartet. Gleichzeitig prüft eine Berliner Kanzlei, ob ein Verdacht auf strafbares Verhalten vorliegt. Anhaltspunkte für eine persönliche Bereicherung gibt es bisher offenbar nicht. Die gesamten Unterlagen wurden zudem der Finanzverwaltung vorgelegt, weil es zu Steuerfehlern gekommen sein könnte.

Ex-Airport-Chef Fundel verwundert

Die Flughafengesellschaft bestätigte die Prüfungen, gab dazu aber zunächst keine weitere Auskunft. Der 2017 ausgeschiedene langjährige Geschäftsführer Georg Fundel zeigte sich verwundert über die Prüfung. Alle Geschäfte seien stets intern und gegenüber dem Aufsichtsrat offengelegt worden, sagte Fundel unserer Zeitung; auch Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und der Fiskus hätten sie regelmäßig geprüft und nie beanstandet.

Laut Hermann sollen die Ergebnisse der Prüfung in die geplante neue Entgeltordnung einfließen. Damit wolle man sicherstellen, dass transparent und fair verfahren werde.