Klaus Seyfang ist Korbflechter aus Leidenschaft. Seit 40 Jahren lebt er in einem alten Kutscherhäuschen an der Enz und erschafft aus Weidenästen Körbe und Skulpturen. So wie er können nur wenige von der Arbeit leben.

Bietigheim-Bissingen - Wie bei einer Peitsche surrt es durch die Luft, wenn Klaus Seyfang die dünnen, meterlangen Weidenäste miteinander verwebt. „Wenn ich auf Märkten vorflechte, muss ich mich in einem Umkreis von drei Metern verbarrikadieren“, sagt Seyfang. Sonst könnte es für die Schaulustigen gefährlich werden, erklärt er und drückt dabei einige Äste aneinander, so dass es hölzern scheppert, wie Jalousien im Wind.

 

Gerade arbeitet der 58-Jährige an einem Schild. Es ist also weniger ein Gebrauchsgegenstand wie etwa ein Korb – ausgenommen für jene Menschen, die sich bei Live-Rollenspielen gerne ins Mittelalter zurückversetzen. Klaus Seyfang will sich auch nicht in einer der Kategorien – Handwerker oder Künstler – stecken lassen: „Entweder ich bin alles, oder ich bin nichts richtig“, kommentiert er lapidar.

Er gehört zu einer seltenen Art

Seyfang gehört zu einer seltenen Art: Er ist einer der wenigen Menschen in Deutschland, die ihren Lebensunterhalt mit dem Flechten von Körben verdienen. Erlernen kann man das Handwerk in Deutschland nur an einer Schule im oberfränkischen Lichtenfels. „Und auch die haben in manchen Jahren Probleme, auch nur drei Leute in die Klasse zu kriegen“, sagt Seyfang.

Der aus Sachsenheim stammende Handwerker hat sich die Flechtkunst nach dem Abitur zuerst selbst beigebracht, später machte er eine Lehre als Korbflechter. Binnen vier Jahren lernte er alles über die verschiedenen Weidensorten, ihre Biegsamkeit, wie man sie schält, einweicht und dann so zusammenfügt, dass sie einen Korb ergeben. Über Wasser hielt sich Seyfang mit Aushilfsjobs. „Das war eine harte Zeit. In meiner ersten Steuererklärung habe ich 7000 Mark Einkünfte angemeldet“, sagt er.

Die Faszination kam nach dem Abitur

Heute ist Seyfang ein überregional bekannter Korbflechter, er ist auf vielen Märkten vertreten, gibt Kurse für Hobbyflechter und steht auch im Austausch mit Kollegen in Frankreich. Körbe von ihm kosten 50 Euro aufwärts, Kunstobjekte in der Regel um die 1000 Euro. Den Unkenrufen, dass sein Handwerk ausstirbt, glaubt er nicht: „Viele entdecken das Korbflechten als Hobby für sich.“ Ihn persönlich reize „das Spielerische, die freien Formen, die ich mit der Weide machen kann“. Er erinnert sich noch gut an das Erlebnis, das ihn dazu brachte, Korbflechter zu werden: „Im Winter nach dem Abitur war ich viel spazieren, weil ich nicht wusste, wie es für mich beruflich weitergehen soll. Da habe ich die Korbweiden am Wegesrand entdeckt. Dieses leuchtende Orange hat mich so fasziniert, dass ich beschloss, etwas mit der Weide zu machen.“

Das knallige Orange findet sich auch an der Wand seines Wohnhauses wieder, einem kleinen, ehemaligen Kutscherhäuschen am Rande von Bissingen. „Als ich vor 40 Jahren hier eingezogen bin, war das Haus einsturzgefährdet“, erzählt Seyfang. Mit viel Eigenarbeit brachte er es auf Vordermann. Er schätzt die Abgelegenheit, gleich hinter dem Haus beginnt der Rotenackerwald, in dem er täglich mit seinem Hund spazieren geht. „Aber Ludwigsburg ist auch nicht aus der Welt“, sagt er. Ohnehin sei er auf sein Auto angewiesen, um die vielen Märkte zu besuchen. Einmal wurde er von der Polizei angehalten: Den Beamten waren die aus Weiden geflochtenen Radkappen aufgefallen. „War aber alles verkehrskonform“, sagt Seyfang trocken.