Rapper Psy und den „Gangnam Style“ kennt inzwischen die halbe Welt. Dabei ist er nur einer von vielen. In Südkorea warten etliche „Kpop“-Bands, Europa zu erobern – mit Gute-Laune-Pop, schrillen Klamotten und perfekten Choreografien.

Stuttgart – Psy ist schrill, bunt, anders. Er tanzt, als reite er auf einem Pferd, trägt schräge Outfits, als komme er von einem fernen Planeten. Seine Songs sind witzig und gehen sofort ins Ohr. Jeder kennt ihn, denn wegschauen und -hören ist nicht mehr möglich. Und alle singen mit, dabei verstehen die meisten seine Texte gar nicht. Psy ist ein Phänomen.

 

Der 35-jährige südkoreanische Rapper hat mit seiner vor knapp einem Jahr erschienenen Single „Gangnam Style“ Musikgeschichte geschrieben. Das Stück wurde mehr als eine Milliarde Mal auf Youtube geklickt und stürmte die Charts von Australien bis Deutschland, von Israel bis Kanada und Mexiko. Heute ist er der bekannteste Kpop-Künstler der Welt. Kpop?

Die Abkürzung steht für Korean Popular Music (koreanische Popmusik) und ist ein weit gefasstes Genre mit Elementen des Hip-Hop, Rock und Soul. Seine Vertreter sind meistens perfekt und verrückt gestylte Girl- und Boybands. Instrumente sind nicht vorgesehen, alles dreht sich ums Tanzen. Die Songs haben englische Titel und mehrere englische Strophen, so dass Fans weltweit wenigstens ein paar Zeilen mitsingen können. Hauptsächlich geht es in den Liedern um so schöne, leichte Dinge wie Liebe, Freundschaft und Familie. Kurz: Kpop macht Spaß.

Die Stars von morgen werden jahrelang getrimmt

Psy ist nicht mehr der einzige Kpop-Star. Inzwischen sind auch Gruppen wie Girls Generation, 2NE1, Big Bang, JYJ oder Super Junior außerhalb ihrer Heimat populär. Auch US-Superstars sind auf Kpop aufmerksam geworden. So produzierte der US-Rapper Will. I. Am bereits mit der Girlband 2NE1, und Snoop Lion, besser bekannt als Snoop Dog, arbeitete mit Girls Generation zusammen. Ende 2011 wagte sich als Erstes das Trio JYJ ins Berliner Tempodrom, danach kam die in Südkorea mehrfach ausgezeichnete sechsköpfige Boyband Beast in die Columbiahalle.

Bis jedoch aus jungen Talenten Stars werden, vergehen oft Jahre. Viele Hoffnungsträger werden schon als Neun- oder Zehnjährige von großen Agenturen unter Vertrag genommen – und getrimmt. Sie bekommen nicht nur eine allgemeine Schulausbildung, sondern auch Unterricht in Fremdsprachen, Gesang und Tanz. Früh lernen sie den Umgang mit Fans und Journalisten. Ein Kpop-Star hat sein Image als Liebling und Saubermann zu pflegen. Ein guter Ruf ist Pflicht. Und auch das Äußere ist stereotyp: Die jungen Frauen und Männer tragen die neuesten Klamotten, haben die neuesten Handys und beherrschen die einstudierten Choreografien aus dem Effeff. Den Künstlern, die am Ende der Ausbildung am besten abschneiden, steht eine glanzvolle Karriere bevor. Die ausgewählten Bands werden wie im Japanischen „Idols“ genannt. Sie sollen als Vorbilder für kreischende Fanscharen und als Werbefiguren dienen. Die Videos zu ihren Songs sind knallig, künstlich, cool. Die Bandmitglieder überraschen immer wieder mit frischen Frisuren, aufwendigem Make-up und wilden Outfits. Selbst die männlichen Kpopper tragen androgyn Eyeliner und Lidschatten. Kultiviert wird dabei ein Image von Niedlichkeit und Unschuld mit ein wenig Sex-Appeal, was bei dem asiatischen Publikum sehr beliebt ist.

Die ersten Bands orientierten sich an Pop und Rap aus den USA

Die Wurzeln des modernen Kpop sollen bis in die 1930er Jahre zurückreichen, als Korea noch unter japanischer Herrschaft stand. Den Koreanern war es während der Kolonialzeit untersagt, sich künstlerisch auszudrücken. Zwischen 1950 und 1960 veranstalteten US-amerikanische Truppen Konzerte, um den Südkoreanern die westliche Kultur näherzubringen. So bildeten sich viele junge Bands nach amerikanischem Vorbild – und spielten Rap, Rock und Pop. Besonders populär wurde die Musik in den Neunzigern. Schuld daran war vor allem die 1992 gegründete Gruppe Seo Taiji and Boys. Der enorme Erfolg dieser Band in Asien gilt als die Geburtsstunde der heutigen Kpop-Generation.

Seit dem Jahr 2000 spricht man von Hallyu, der koreanischen Welle. Hallyu meint die um sich greifende Popularität der südkoreanischen Popkultur. Besonders erfolgreich ist Kpop natürlich in asiatischen Ländern wie China, Japan und Indonesien. Mittlerweile hat die Welle aber auch Nord- und Südamerika, Europa und Teile von Afrika erfasst. Hallyu, die sich anfangs nur auf die Musik bezog, gibt es inzwischen auch bei Fernseh- und Kinofilmen, beim Essen und beim Taekwondo.

Psy, der in Südkorea schon seit zwölf Jahren bekannt ist, steht seit seinem Welthit auch mit Stars wie Madonna auf der Bühne. Dabei wirkt er nicht gerade wie das maßgeschneiderte Kpop-Idol, das in Glanz und Luxus schwelgt. Im Gegensatz zu den anderen Kpoppern sieht er aus wie ein nahbarer Durchschnittskoreaner. Trotzdem hat gerade er die Tür zur Welt aufgestoßen und als Erster ein globales Publikum erreicht. Jetzt kommt die nächste Generation.

Zwei Bands im Kpop-Himmel

Big Bang:
Taeyang , G-Dragon, T.O.P, Daesung und Seungri – diese Vornamen kennt jeder Kpop-Fan, denn so heißen die Mitglieder der 2006 gegründeten Band Big Bang. Die fünf Jungs, alle Mitte zwanzig, gewannen 2011 gegen Konkurrenten wie Lena-Meyer Landrut und Britney Spears den MTV Europe Music Award als „Bester weltweiter Act“. 2012 schaffte Big Bang es mit ihrem Debütalbum „Alive“ als erste Kpop-Gruppe in die US-Billboard-Charts. Danach brach sie zur Welttour auf und spielte vor 800 000 Leuten.


Big Bang- Fantastic Baby MV - MyVideo

2NE1:
Die vierköpfige Girlband 2NE1 (sprich: to anyone oder twenty-one) existiert seit 2009 und steht mit Hits wie „I am the Best“ oder „Falling in Love“ ganz oben im Kpop-Himmel. Bekannt sind die 19- bis 29-Jährigen für freche Texte, ihre vielseitigen Stimmen und ihre verrückte Mode. Mit dem Weltstar Will. I. Am produzierten sie die Songs „Take the World on“ und „Gettin dumb“.


JYJ/DBSK feat Kanye West AYYY GIRL MV! - MyVideo


Girls' Generation -- The Boys - MyVideo