„Wir sind einen großen Schritt weiter“, sagt Mechthild Wolff nach einem zweiten Treffen der Steuerungsgruppe. Sie koordiniert die Aufarbeitung der Fälle von Missbrauch und Misshandlung in Korntaler Kinderheimen. Die Wissenschaftlerin vermittelt zwischen den Betroffenen und der Brüdergemeinde, in deren Einrichtungen das Ungeheuerliche geschah. Wissenschaftler sind ja meist in ihrer Wortwahl nüchtern. Doch Wolff untertreibt bei ihrer Bilanzierung.

Zur Erinnerung: Nach dem letzten Treffen vor acht Wochen hatte der Betroffene Detlev Zander den Heimbetreibern mangelnde Transparenz vorgeworfen und die Unabhängigkeit Wolffs bezweifelt, weil deren Kosten von den Pietisten getragen werden. Die Brüdergemeinde ihrerseits gab wenig preis von dem, wie sie ihren Worten Taten folgen lassen will. Ihr Vorsteher Klaus Andersen hatte sich zwar früh und gegen Widerstände in eigenen Reihen öffentlich dem unrühmlichen Kapitel der Heimgeschichte gestellt. Aber auch er gewährte keinen Einblick, inwiefern sich der Träger der Aufarbeitung stellen würde. Massives Misstrauen prägte die Kommunikation der Beteiligten. Jetzt, zwei Monate später, schlagen die Akteure völlig andere Töne an. Von gegenseitiger Wertschätzung und Vertrauen ist die Rede. „Aufarbeitung ist Dialog“, sagt Wolff. Seit Januar wirbt sie dafür unermüdlich bei allen Beteiligten. Erstmals hat es den Anschein, als ob diese das auch verstanden haben, danach handeln – und mit der eigentlichen Aufarbeitung beginnen können.