Ein Stuttgart 21-Gegner aus Korntal-Münchingen hatte auf Facebook das Vorgehen der Polizei am „Schwarzen Donnerstag“ mit deutlichen Worten kritisiert. Dafür wurde er nun zu einer Geldstrafe verurteilt.

Korntal-Münchingen - Ein 59-Jähriger aus Korntal-Münchingen ist am Mittwoch am Ludwigsburger Amtsgericht wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Der Mann hatte im Juli des vergangenen Jahres auf einer Facebook-Seite der Polizei seine Wut über den Einsatz der Beamten beim „Schwarzen Donnerstag“ freien Lauf gelassen – und deutliche Worte für deren Vorgehen gefunden.

 

Die Polizei, die am 30. September 2010 eine Besetzung des Stuttgarter Schlossgartens durch Gegner des Bahnprojekts Stuttgart 21 gewaltsam aufgelöst hatte, nannte der Korntal-Münchinger auf dem Facebook-Profil der Beamten „Grinsefratzen im Wasserwerfer“. Durch den Einsatz von Wasserwerfern, Schlagstöcken und Pfefferspray waren an dem Tag hunderte Menschen, darunter auch Minderjährige, verletzt worden. Die Polizei wurde für ihr hartes Vorgehen kritisiert. Zwei Polizisten wurden angeklagt, das Verfahren jedoch gegen eine Geldstrafe eingestellt.

„Berufsgruppe, die auf Kinder losgeht“

Der Korntal-Münchinger fragte die Beamten auf Facebook, ob sie den Begriff „Kinderschläger“ kennen würden. „Ist der Ruf erst ramponiert, schlägt und spritzt sich’s völlig ungeniert“, ließ sich der 59-Jährige bei Facebook weiter aus. Bei der Polizei handele es sich um eine „als Marsmännchen verkleidete Berufsgruppe, die mit Reizgas auf Kinder und Jugendliche losgeht“. Das Thema, unter das der Mann seine wütenden Kommentare schrieb, hatte indes mit Stuttgart 21 nichts zu tun: Es behandelte das Phänomen des Cyber Groomings. Dabei sprechen Erwachsene Minderjährige online gezielt an, um einen sexuellen Kontakt zu initiieren. Parallelen sah der 59-Jährige offenbar in der Tatsache, dass bei dem Polizeieinsatz im Schlossgarten Minderjährige verletzt wurden.

Neun Polizisten, die an jenem „Schwarzen Donnerstag“ in einem Wasserwerfer gesessen hatten, hatten den Mann aufgrund seiner Kommentare bei Facebook angezeigt. Dass es überhaupt zum Gerichtstermin kam, hätte der Mann verhindern können, indem er einen vorherigen Strafbefehl akzeptiert hätte. Weil er jedoch der Meinung war, seine Äußerungen seien im Sinne der Meinungsfreiheit zulässig, legte er dagegen Einspruch ein.

Für die Beleidigungen im Internet muss der 59-Jährige nun 300 Euro Strafe in 20 Tagessätzen à 15 Euro zahlen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, innerhalb von einer Woche kann der Korntal-Münchinger Einspruch dagegen einlegen.