Schläge mit dem heißen Kleiderbügel kassierte sie routinemäßig am Abend. „Das war ein Ritual, so wie andere eine Gutenachtgeschichte vorgelesen bekommen“, sagt Martina Poferl heute. Dem Schlafraum gegenüber lag der Waschraum, der Holzbügel wurde unter heißem Wasser erhitzt, dann setzte es Schläge auf den Rücken. „Der Rücken war grün, blau, gelb, aber das hat man ja nicht gesehen“, sagt die heute 52-Jährige. Sie lebte von 1965 bis 1984 im Flattichhaus. Eine strenge Schwester sei dort gewesen, bis sie selbst 13 war. Sie forderte die Schüler, es wurde nur gelernt: „Spielen und Kindsein war einfach nicht.“

 

Als sie Zwölf, 13 war, war die strenge Schwester plötzlich weg. Es folgte eine Übergangszeit, in der sich keiner so richtig verantwortlich gefühlt habe für das Leben im Haus. Jedenfalls war es zwei Jungs mehrfach möglich, das Mädchen unter der Dusche zu vergewaltigen. „Jeder hatte seine Duschzeit, und die Dusche war so klein, dass man nicht ausweichen konnte. Abschließen konnte man nicht.“ Nach rund einem Dreivierteljahr kam eine neue Erzieherin in das Haus. Sie war sehr nett, schlug nie. „Aber ich hab’ nicht gewusst, was Sache ist. Ich konnte damit nicht umgehen.“