Der Korntal-Münchinger Gemeinderat entscheidet am Donnerstag, 11. Oktober, über die Verlegung der Anschlussstelle Müllerheim an die B 10. Münchinger Bürger wollen das verhindern, und auch eine Agendagruppe lässt nichts unversucht.

Korntal-Münchingen - Vor der nächsten Sitzung des Gemeinderats formiert sich in Korntal-Münchingen Widerstand – in den sozialen Netzwerken und in Protestmails an die Entscheider. Am Donnerstag (18 Uhr, Rathaus Korntal) entscheidet das Gremium über die Verlegung der Anschlussstelle Müllerheim an die B 10.

 

Im Juli hatte ein Vertreter des Regierungspräsidiums (RP) Stuttgart klargestellt: Entweder die Stadt stimme zu, den Anschluss so weit nach Westen zu versetzen, dass, wie es eine Richtlinie vorsieht, ein Verflechtungsstreifen mit einer Mindestlänge von 250 Metern möglich ist – oder die Anschlussstelle falle ersatzlos weg. Dann wäre laut Stadt nur noch eine Zufahrt von der B 10 nach Münchingen über die Westumfahrung möglich. Die Folge wäre für Bürgermeister Joachim Wolf (parteilos) ein Verkehrskollaps in dem Stadtteil.

Der B-10-Anschluss Müllerheim muss weichen, weil die Anschlussstellen zur Autobahn und die Zufahrten von und nach Münchingen und Müllerheim zu nahe beieinander liegen. Die Ausfahrt nach Müllerheim ist zudem zu kurz. Laut Richtlinie für den B-10-Ausbau muss aus Gründen von Sicherheit und Leistungsfähigkeit zwischen zwei Anschlussstellen ein Mindestabstand von zwei Kilometern sein.

Die Agendagruppe „Lebenswertes Münchingen“, die sich seit 2015 bei dem Thema auch mit eigenen Ideen einbringt, lehnt den Entwurf des RP „strikt ab“ und fordert jetzt, die Abstimmung zu vertagen. „Wir haben uns nochmals intensive Gedanken zu alternativen Lösungen gemacht“, sagt die Sprecherin Ursula Schill. Eine ausführliche E-Mail mit Fragen und Planungsvorschlägen sei am Montag an Bürgermeister und Räte gegangen mit der Bitte, die neuen Gesichtspunkte prüfen zu lassen.

Verändern die derzeitigen Bauarbeiten alles?

Geht es nach der Agendagruppe, wird nur ein Teil der Anschlussstelle verlegt. „Die Verschiebung des nördlichen Teils nach Westen ist sinnvoll. Die Auffahrt Richtung Vaihingen ist unfallträchtig und entspricht nicht den Richtlinien“, sagt Ursula Schill, es fehle die Verflechtungsspur in westlicher Richtung auf die B 10. Dagegen würde es mit Blick auf die derzeitigen Bauarbeiten an der A-81-Einfahrt in Richtung Leonberg genügen, die südliche Anbindung an die B 10 nur anzupassen. „Die Einfahrt wurde in östliche Richtung verschoben“, sagt Schill. Damit entspräche die neue verlängerte gemeinsame Verflechtungsspur von der Auffahrt aus Münchingen auf die B 10 und die A-81-Einfahrt nach Leonberg der Richtlinie. „Trifft diese Annahme zu, wäre die Anschlussstelle Münchingen-Süd mit den Vorgaben konform und könnte erhalten bleiben.“

Bürger fühlen sich schlecht informiert

Der Vorschlag habe zur Variante de s RP viele Vorteile: Die B-10-Auffahrt würde ihren großen Abstand zum Wohngebiet „In den Seiten“ behalten, Lärm und Abgase wären wesentlich geringer. Die bisherige Straßenführung könnte im Wesentlichen bleiben, der prognostizierte Stau auf der B 10 in den Stoßzeiten aus Richtung Vaihingen durch den nicht abfließenden Verkehr nach Münchingen könnte vermieden werden. „Die Richtlinie lässt Ermessensspielräume zu“, ist Schill überzeugt. „Wir bitten die Verwaltung, alle denkbaren Ermessensspielräume prüfen zu lassen, die unserer Ansicht nach nicht ausgeschöpft sind.“ Auch im sozialen Netzwerk Facebook machen Nutzer mobil. So schreibt eine Frau in der Gruppe „Du weißt, dass du aus Münchingen bist, wenn . . .“: „Dieser neue Anschluss bringt mehr Lärm und Emission nach Münchingen, vor allem ins Wohngebiet ‚In den Seiten’.“ Sie fordert mehr Informationen, etwa bei einer öffentlichen Veranstaltung – „bevor der Gemeinderat über unsere Köpfe hinweg entscheidet“. An das Gremium habe sie eine entsprechende E-Mail geschickt. Wer möge, könne sich anschließen. Ein Nutzer ruft dazu auf, die Sitzung am Donnerstag zu besuchen. Der Bürgermeister nennt die Variante des RP „alternativlos“, weil am günstigsten und verträglichsten. „Ich schätze das Engagement der Agendagruppe sehr“, sagt Joachim Wolf. Doch zugleich verweist er darauf, dass das RP deren – wenn auch überarbeiteten – Vorschlag bereits zu Jahresbeginn abgelehnt habe. „Er ist nicht umsetzbar. Die Lösung ist technisch sehr aufwendig und teuer“, sagt Wolf. Kosten von Sonderlösungen müsse die Stadt größtenteils selbst stemmen. Sollte der Gemeinderat am Donnerstag sein Veto einlegen, müsse er eine vernünftige Alternative vorlegen. „Sonst nimmt er das Risiko in Kauf, dass die Anschlussstelle gestrichen wird.“

Sitzung am Donnerstag mit Spannung erwartet

Den Vorwurf der fehlenden Transparenz weisen Schultes wie Räte zurück. „Das Thema steht seit drei Jahren immer wieder auf der Tagesordnung“, sagt etwa der SPD-Fraktionschef Egon Beck. Der Protest der Bürger sei „erfreulich“, komme aber „so spät“. Wie viele Räte es schon vor der Sommerpause taten, äußert auch Beck seinen Unmut über das RP. „Die Variante erzeugt unnötig Verkehr und Emissionen.“ Er werde nicht zustimmen und mit seiner Fraktion den Vorschlag der Agendagruppe diskutieren. Ursula Schill kritisiert das „Desinteresse der Münchinger an der Entwicklung der Verkehrspläne“. Bis vor einigen Tagen habe man von den Bürgern kaum Meinungsäußerungen gehört. „Zum Glück entstand doch noch eine rege Diskussion.“