Wird der Waffenbesitz in Deutschland streng genug reguliert? Das ist seit eh und je umstritten. Jetzt stehen neuerliche Korrekturen an. Den Grünen und anderen Kritikern geht die Novelle der Bundesregierung nicht weit genug, Sportschützen und Jäger fühlen sich durch Bürokratie überfordert.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Stuttgart - Der mutmaßliche Mörder des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke hat über ein reichhaltiges Waffenarsenal verfügt. Einer seiner Helfershelfer, ebenfalls ein Neonazi, hortete in großem Stil Schusswaffen. Drei Dutzend davon fand die Polizei bei einer Razzia. Der Mann konnte sogar eine gültige Waffenbesitzkarte vorweisen. Die beiden rechtsgesinnten Kumpane absolvierten vor dem Verbrechen Schießtrainings bei Schützenvereinen. Wie ließe sich dies verhindern? Welche Regeln gelten bisher? „Deutschland hat traditionell ein sehr restriktives Waffenrecht“, sagt das Bundesinnenministerium. Um eine Waffe besitzen oder benutzen zu dürfen, muss man volljährig sein, Sachkunde nachweisen sowie Zuverlässigkeit und persönliche Eignung. Als Kriterien gelten Vorstrafen, missbräuchlicher Umgang mit Waffen, die Mitgliedschaft in verfassungswidrigen Organisationen, Drogenabhängigkeit, geistige Mängel oder Geschäftsunfähigkeit. Die persönliche Eignung wird alle drei Jahre überprüft. Es gibt bisher aber keine routinemäßigen Nachfragen beim Verfassungsschutz zur politischen Zuverlässigkeit. Das Waffengesetz schreibt auch vor, wie Waffen und Munition aufbewahrt werden müssen. Für Privatleute verboten sind Maschinengewehre und -pistolen sowie Wurfsterne. Was ändert sich? Mit dem Entwurf für ein „Drittes Waffenrechtsänderungsgesetz“ will die Bundesregierung die Auflagen zur Kennzeichnung von Waffen verschärfen und das seit 2013 existierende Nationale Waffenregister ausbauen. Die Vorschriften zur Kennzeichnung von Waffen sollen eine „umfassende Rückverfolgbarkeit sämtlicher Schusswaffen über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg“ ermöglichen. Die Waffenbehörden sollen jederzeit informiert sein, wo eine Waffe hergestellt wurde, wer sie verkauft oder erworben hat, wann sie weiterverkauft oder vernichtet wurde. Damit solle „die Nutzung von legalen Schusswaffen zur Begehung terroristischer Anschläge erschwert werden“. Mit dem neuen Gesetz werden auch Wechselmagazine verboten, die ein automatisches Nachladen großer Mengen von Munition ermöglichen. „Allerdings wird den berechtigten Interessen der Eigentümer solcher Gegenstände durch weitgehende Besitzstandsregelungen Rechnung getragen“, so heißt es im Gesetzesentwurf. Im Klartext: wer entsprechende Magazine besitzt, kann sie meist weiter benutzen. Was tut der Verfassungsschutz? Am Freitag haben die Innenminister von Bund und Länder sich in einem Zehn-Punkte-Papier zur Bekämpfung des Extremismus darauf verständigt, Erkenntnisse des Verfassungsschutzes im Waffenrecht stärker zu berücksichtigen. Demnach gelten Personen, über die einschlägige Berichte vorliegen, künftig automatisch als nicht zuverlässig, um eine Waffe führen zu dürfen. Zudem soll „eine waffenrechtliche Regelanfrage und Nachberichtspflicht beim Verfassungsschutz eingeführt werden“. Waffenbesitzer und -nutzer werden demnach immer wieder überprüft.