Im Diakonie-Klinikum haben Krebspatientinnen in einem Kosmetikseminar gelernt, wie man Ungewolltes kaschiert und Schönes betont.Die Erfahrungen mit dem Angebot sind positiv.

Stuttgart - Das silberne Fläschchen mit dem Pinsel erinnert an Nagellack, zumindest auf den ersten Blick. Es enthält indes cremiges Rouge in Knallpink. „Keine Angst, das sieht auf den Wangen anders aus“, schmunzelt Roxane Laukart. Die Heilpraktikerin und Kinesiologin gibt im Diakonie-Klinikum Stuttgart ein Kosmetikseminar für Krebspatientinnen. Dessen Titel „look good feel better“ ist Programm: Wer gut aussieht, fühlt sich besser. „Wir machen das viermal im Jahr“, sagt Kathrin Müller, am Diakonie-Klinikum leitende medizinisch-technische Assistentin in der Abteilung Strahlentherapie und Humangenetik. Das kostenfreie Angebot sei für alle Krebspatientinnen. Ausgelegt sei es bei ihnen je für bis zu sechs Frauen, damit alle genug Platz haben.

 

Fünf haben sich an diesem Montagnachmittag um den Tisch gesetzt, auf dem Schminkspiegel, kleine Eimerchen, Wattepads und -stäbchen aufgereiht sind, zudem Taschen mit der Aufschrift „DKMS Life“. Sie sind gefüllt mit Schminkutensilien wie etwa Augencreme, Make-up, Abschminklotion, Lippenstift, Augenbrauenstift, Lidschatten und Puder. DKMS Life, der Name stammt von der Deutschen Knochenmarkspenderdatei, ist eine gemeinnützige Gesellschaft, die nicht nur bundesweit die Kosmetikseminare veranstaltet, sondern auch Beauty-Workshops und Haarprogramme mit Friseuren für Patientinnen ermöglicht. Durch die Chemo- oder Strahlentherapie verlieren viele ihre Haare, Wimpern und Augenbrauen oder bekommen Hautirritationen, so dass neben dem Kampf mit dem Krebs auch noch der mit dem Spiegelbild hinzukommt. „Hochwertige Kosmetikmarken und Parfümerien spenden daher der DKMS Produkte“, so Müller. „Wir haben sehr gute Erfahrungen gemacht.“ Die Kosmetikseminare, die auch in anderen Kliniken Stuttgarts stattfinden, seien mehr als nur Schminken. Sie förderten das Selbstwertgefühl und die Lebensfreude. Das wirke sich positiv auf den Heilungsprozess aus, berichtet Müller. „Und sie machen Spaß“, schildert sie einen weiteren positiven Aspekt.

Wichtig ist, sich auch Zeit für sich selbst zu nehmen

Die Teilnehmerinnen im Diakonie-Klinikum schienen den Kurs zu genießen. Gelacht wurde immer wieder, zum Beispiel, als Roxane Laukart erklärte, wie man einen Turban mit Volumen schlingt. Sie zeigte auch, wie man das Gesicht richtig abschminkt, um es dann mit Creme, Concealer, Make-up und Puder „wie eine Leinwand für „die Farbe“ vorzubereiten. Auf einer weißen Tafel zeichnete sie Augen und Nase auf und zeigte, ab welcher Stelle die Augenbrauen nachgezeichnet werden sollten. „Den Stift an die Seite der Nase halten, dann im Winkel vom Nasenflügel zum Ende des Auges, dazwischen liegen die Brauen, der Rahmen fürs Gesicht.“ Wer in die eine oder andere Richtung zu weit hinaus zeichne, fabriziere entweder eine grimmige Miene oder einen traurigen Hundeblick. „Den habe ich sowieso“, sagte eine Teilnehmerin lachend, während eine andere ausprobierte, ob die Farbe des Brauenstifts, zu ihre Perücke passt. „Wir kennen alle den Frauenalltag: Erst kommen die Kinder, dann der Hund, der Mann und alles andere. Fünf vor zwölf denkt man, ich bin auch noch da“, sagt Laukart. „Wichtig ist gesunder Egoismus und sich auch Zeit für sich zu nehmen.“

Die Naturheilkundlerin empfahl auch selbst gemachte Masken mit Senfsaat oder Koffein, um den Haarwuchs zu unterstützen. Zudem legte sie den Teilnehmerinnen Voll- und Fußbäder mit Natron, auch bekannt als Soda, ans Herz, um den Körper basisch zu entgiften. „Das kann man auch während der Behandlungszeit machen. Durch den idealen PH-Wert wird die Haut wunderbar. Soda gibt es günstig in Drogeriemärkten, in russischen Läden ist es sogar noch billiger. Meine Oma sagte stets, schmiere dir nur auf die Haut, was du auch essen kannst.“ Ratschläge, die ankamen. Als das Seminar nach rund zwei Stunden vorbei war, in denen die Teilnehmerinnen sich – nach den Beispielen – geübt und selbst top gestylt hatten, waren sich alle einig: „Absolut empfehlenswert!“