Mit der Berufung von Annegret Kramp-Karrenbauer als Generalsekretärin werden es die Befürworter einer konservativen Revolution in der CDU schwerer haben.

Berlin - Wieder so ein klassischer Merkel-Satz von staubtrockener Nüchternheit. Am Montag hat sie ihn gesagt, bei der Vorstellung von Annegret Kramp-Karenbauerals künftige Generalsekretärin der CDU: „Ich sehe keine Revolution vor uns.“ Normalerweise sind solche Ankündigung sturmfester Beständigkeit beglückende Botschaften für Bannerträger des Konservativen. Tatsächlich aber versteckt sich in dem Satz das genaue Gegenteil – die Absage an die von der CSU und konservativen CDU-Kreisen propagierte „konservative Revolution“.

 

Merkel betonte, dass sie die CDU „in ihrer gesamten Breite“ kräftigen wolle, und zwar „auf der Grundlage des christlichen Menschenbildes“. Die Union müsse „Vielfalt wahrnehmen und allen Heimat geben“. Das ist eine klare Absage an alle Versuche in der Partei, die Ausrichtung der CDU nach rechts zu verschieben. Die klare Positionierung zeigt, dass sich Merkel stark fühlt, was durchaus nicht dem öffentlichen Bild entspricht. Tatsächlich steht die Kanzlerin und Parteivorsitzende seit langem in heftiger Kritik seitens des konservativen und wirtschaftsliberalen Flügels. Nun hat Merkel reagiert. Aber anders als von manchem erhofft. Sie stärkt ihre Position.

Merkel-Kritiker müssen die Neue tapfer loben

So muss man die Berufung Annegret Kramp-Karrenbauers wohl verstehen. Generalsekretär ist die Funktion in der Partei, die entscheidend den Prozess der inhaltlichen Neubesinnung vorantreibt. Genau an dieser Stelle hat Merkel nun mit der Saarländerin Annegret Kramp-Karrenbauer eine enge Vertraute installiert, die in der Partei eine starke Stellung innehat. Die Frau, die dem SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz bei den Saar-Wahlen die erste schwere Niederlage im Superwahljahr 2017 zufügte, ist in der CDU unangefochten. Das bringt die Merkel-Kritiker in eine heikle Situation. Die designierte Generalsekretärin machte nämlich bei ihrer Vorstellung gleich klar, dass sie – wie Merkel – die CDU in der Mitte positionieren will. Man solle „nicht schauen, wo der Zeitgeist gerade steht und ihn aufsammeln“, ließ sie am Montag wissen.

Das Merkel-kritische Lager blieb da nur, tapfer die Zähne zusammenzubeißen: Jens Spahn lobte denn brav, dass es gut sei, „wenn „mit Annegret Kramp-Karrenbauer eine erfahrene Ministerpräsidentin die Aufgabe des Generalsekretärs“ übernimmt. Und Carsten Linnemann vom Wirtschaftsflügel sprach von einer „guten Wahl“. Aber es ist durchaus nicht zu überhören, dass es noch immer viel Unruhe in der Partei gibt. Joachim Pfeiffer, der wirtschaftspolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, merkt immerhin an, dass der neue Generalsekretär „prononciert die Abteilung Attacke vertreten muss“. Die Union habe „scheunentormäßig die konservative und wirtschaftsliberale Flanke geöffnet“. Die müsse nun zurückgewonnen werden. Deshalb schaue er auf das personelle Gesamttableau Merkels. Das zielt auf die Ministerriege. Die Kanzlerin will am Sonntag, einen Tag vor dem Bundesparteitag, ihre Liste präsentieren. Pfeiffer wird da deutlich. „Wir brauchen neue Köpfe, die für diese konservativen und liberalen Positionen stehen“. Er könne sich da „Jens Spahn sehr gut vorstellen“.

Was wird aus Jens Spahn?

Das ist die nächste wichtige Frage in der Union. Glaubt Merkel mit der Personalie Kramp-Karrenbauer genug Spielraum gewonnen zu haben, um auf Spahn, den sie nicht unbedingt schätzt, verzichten zu können? Oder gibt sie dem Druck nach? Kommt Spahn, dann wohl als Bildungsminister. Was auffällt: Spahn hat zuletzt, etwa bei seinem Fellbacher Auftritt am Aschermittwoch, bildungspolitische Themen in den Vordergrund gerückt, was sich als Bewerbung lesen lässt. Und: Volker Bouffier, Hessens Ministerpräsident und in der CDU als Stimme der Vernunft allseits geschätzt, hat Spahn ausdrücklich als „ein Name“ gelobt, „der eine wichtige Wählergruppe an die CDU bindet“. Spahn kann sich also durchaus Hoffnung machen.

Der Postenstreit ist aber nur Symbol für die in der Partei tobende Richtungsdebatte. Merkels Position gewinnt dabei an Unterstützung. Am Wochenende hatte sich etwa CDU-Vize Armin Laschet vehement gegen einen Rechtsruck gewandt. „Mit dem, der die Achsen verschieben will, werden wir hart streiten“, sagte er. Auch Andreas Jung, der Chef der Südwest-Landesgruppe in der Bundestagsfraktion, positioniert sich im Gespräch mit unserer Zeitung „entschieden gegen einen Rechtsruck“. Aus seinem Kreisverband Konstanz kommt ein Antrag für den Bundesparteitag, ein neues Grundsatzprogramm zu erarbeiten. Er wird von Kramp-Karrenbauer ausdrücklich unterstützt. Kein Wunder, dass Jung deren Berufung für „eine exzellente Entscheidung“ hält.