Die Lufthansa sieht sich nach zweijährigem Umbau nun wieder auf dem Weg zu neuem Wachstum. Vorstandschef Spohr wertet die Einigung mit den Flugbegleitern als wichtigen Meilenstein.

Frankfurt - Von dem Ansturm waren selbst die Personalfachleute der Lufthansa überrascht. Rund 750 Bewerber hatten sich am vergangenen Samstag zum „Casting“ in Mainz angemeldet, gut 430 durften sich dann persönlich im Luxushotel Hyatt am Rhein vorstellen, 144 Kandidaten bekamen eine Zusage, sie dürfen die Ausbildung zum Flugbegleiter oder zur Flugbegleiterin absolvieren. Insgesamt 1400 Stellen möchte die Lufthansa in diesem Jahr in der Kabine neu besetzen.

 

Ein deutliches Zeichen für das, was Konzernchef Carsten Spohr mit den Worten umschreibt: es geht wieder aufwärts. Vor etwas mehr als zwei Jahren hat der 49jährige Pilot das Ruder bei der Lufthansa übernommen und schnell erkannt, dass Kostensparen allein kein Zukunftskonzept sein kann. Doch der Kostendruck in der Branche ist hoch, die zunehmende Konkurrenz durch Billigflieger auf der einen und, wie Lufthansa immer wieder betont, staatlich subventionierte Anbieter aus der Golfregion nimmt weiter zu. Also musste Spohr ein neues Konzept entwickeln. Die Pläne, die er Anfang Juli 2014 dann vorlegte, haben zwei Jahre lang für einige Aufregung im Konzern gesorgt. Von mehreren Streikwellen wurde das Unternehmen heimgesucht, hunderttausende von Passagieren waren davon betroffen. Doch Spohr und seine Vorstandskollegen blieben hart – und so zieht der Konzernlenker eine durchaus positive Zwischenbilanz.

Keine Zwei- oder Dreiklassengesellschaft

Auf fast allen Charts, mit denen er das Sieben-Punkte-Programm noch einmal darstellt, sind grüne Kreuzchen, abgehakt. Die Sitze in der Business-Klasse sind auf dem neuesten Stand, die Prozesse am Boden sind verbessert worden. Als nächster Schritt kommt das Internet jetzt auch auf der Kurz- und Mittelstrecke. Und so geht er durch alles, was an Veränderungen erreicht wurde und was noch zu tun ist. Und er betont, dass es der Lufthansa in diesem Jahr erstmals seit langem gelingen wird, die Stückkosten zu senken, sprich billiger zu produzieren.

Die Tarifeinigung mit den Flugbegleitern, deren Einzelheiten beide Seiten gestern in Berlin erklärten und die erst durch Vermittlung des ehemaligen SPD-Chefs Matthias Platzeck zustande kam, sieht Spohr als Meilenstein. Moderate Erhöhungen des Gehalts (die Lufthansa spricht von drei, die Gewerkschaft von 5,5 Prozent) über drei Jahre, Arbeitsplatzgarantie bis 2021, ein neues System der Altersversorgung, weitgehende Ruhe bis 2023 - das sind für Spohr Schritte in die richtige Richtung.

Er zeigt sich zuversichtlich, dass man nun auch den Streit mit den Piloten in absehbarer Zeit beilegen kann. Vor allem die Pilotenvereinigung Cockpit, die an einer der wichtigsten Stellschrauben des Konzerns sitzt, hat sich nämlich bisher nicht nur gegen Veränderungen in der Altersversorgung gesträubt, sondern wollte vor allem auch erreichen, dass es bei der Lufthansa keine Zwei- oder gar Dreiklassengesellschaft geben wird.

Doch wenn alle Konzernmitarbeiter unter den zum Teil „historisch gewachsenen“ guten Bedingungen der „alten“ Lufthanseaten weiter arbeiten würden und auch neue Mitarbeiter zu diesen Konditionen eingestellt würden, wäre es um die Wettbewerbsfähigkeit von Europas größte Fluggesellschaft schlecht bestellt. Hier hat Spohr mit seiner Führungsmannschaft einiges erreicht – was auch daran liegen kann, dass der Konzernchef aus dem Ruhrgebiet stammt, wo man sich häufig als hartnäckig erweist. Spohr sieht aber auch ein, dass man „die Veränderungsgeschwindigkeit an den Rand dessen gebracht“ hat, was die Lufthansa schaffen könne. Im Konzern selber und bei den drei „Premiummarken“ Lufthansa, Austrian und Swiss werden sich daher die Veränderungen in der nächsten Zeit eher auf einem geringen Niveau bewegen. Anders sieht es dagegen bei den „Neulingen“ Cityline und Eurowings aus.

Germanwings geht in Eurowings auf

Die Cityline, die bisher nur den Regionalverkehr durchführte und deren Piloten und Kabinenbesatzung zu günstigeren Konditionen fliegen, soll ihr Angebot in touristische Ziele deutlich ausbauen. Erst am vergangenen Freitag flog zum ersten Mal ein Airbus A340 in die kalifornische Stadt San Jose, die Hauptstadt des Sillicon Valley, in der Nähe von San Francisco. Dorthin sollen die Passagiere gelockt werden, denen der Flug nach San Francisco zu teuer ist und die die Touristenattraktionen der Region näher kennenlernen wollen.

Noch ehrgeiziger sind Spohrs Pläne für Eurowings. Um 20 Prozent soll der Ableger im laufenden Jahr zulegen, bei Eurowings sollen die Kosten pro Sitz bis 2020 noch einmal um 28 Prozent sinken, dann wäre die Sparte auf dem Niveau von Easyjet. Die Tochter Germanwings geht in Eurowings auf. Der Name Germanwings verschwindet. Außerdem kann sich der Konzernchef vorstellen, Eurowings mit anderen Unternehmen zu verbandeln, um an Größe zu gewinnen. Dabei seien sowohl einige Billig-Airlines als Gesprächspartner denkbar wie auch Ferienflieger, etwa die der Tui.