Der Gemeinderat segnet einstimmig die Pläne der Kliniken-GmbH für ein Zentrum für Altersmedizin am Bietigheimer Krankenhaus ab – auf Kosten des Standorts Marbach. Das letzte Wort bei den Plänen hat allerdings der Kreistag.

Bietigheim-Bissingen - Der Kontrast könnte kaum größer sein: Enttäuschung und teilweise Entrüstung in Marbach, Freude in Bietigheim in Anbetracht der Pläne der Kreis-Klinikengesellschaft, das geplante Zentrum für Altersmedizin aus betriebswirtschaftlichen Gründen am Krankenhaus Bietigheim zu bauen statt in Marbach. So verliefen Diskussion und Abstimmung im Gemeinderat in Bietigheim-Bissingen am Dienstagabend auch recht einhellig. Das Ergebnis: natürlich hätte man das Zentrum gern in Bietigheim.

 

In dem geplanten Zentrum für Altersmedizin (ZfA) sollen ältere Patienten behandelt werden, die aufgrund ihrer hohen Zahl an Lebensjahren meist mehrfache akute oder chronische Erkrankungen und Funktionsstörungen haben. Im Fachjargon wird dies als Multimorbidität bezeichnet. Um diese Erkrankungen umfassend behandeln zu können, braucht es verschiedene Fachbereiche: Akutgeriatrie, Gerontopsychiatrie, eine Demenzstation für somatisch erkrankte Patienten und eine geriatrische Institutsambulanz. Außerdem muss laut Holding auch ein Akutkrankenhaus angeschlossen sein, um einen schnellen Zugriff auf die Fachbereiche Chirurgie und Innere Medizin zu haben, um Transportfahrten zu sparen. „Aus Sicht des Patienten ist es deshalb wünschenswert, wenn so viele medizinische Fachbereiche wie möglich räumlich an das ZfA angeschlossen sind“, heißt es in der Gemeinderatsvorlage.

Nicht nur aus medizinischer Sicht schneidet Bietigheim besser ab

Hier kann das Bietigheimer Krankenhaus laut einem Gutachten im Auftrag der Klinikengesellschaft gegenüber Marbach punkten, dessen Krankenhaus ursprünglich als Standort im Gespräch war. Denn Bietigheim verfügt über eine Unfallchirurgie und über weitere Abteilungen, die Multiorganerkrankungen und chronische Wunden behandeln können. Doch nicht nur aus medizinischer Sicht ist Bietigheim der präferierte Standort: Betriebswirtschaftlich kommt es für den Klinik-Verbund besser, in Bietigheim zu bauen.

Die Baukosten liegen hier mit 34,7 Millionen Euro weit unter jenen beiden Optionen in Marbach. Dort müsste nicht nur die Bettenstation des ZfA, sondern auch viele weitere Bereiche neu gebaut werden, beispielsweise die Bettenstation der Inneren Medizin und der Chirurgie oder Verwaltung, Archive und Lager. Das ZfA würde demnach in Marbach je nach Variante 54,8 Millionen Euro oder 55,6 Millionen Euro kosten und zudem eine mindestens sechs Monate längere Bauzeit haben. Und der Effekt auf das Betriebsergebnis wäre in Bietigheim mit einem Plus von rund drei Millionen Euro ebenfalls höher als in Marbach, wo es nur rund 700 000 Euro betragen würde.

108 Betten mehr für Bietigheim

Während es also noch im April im Verwaltungsausschuss des Kreistags Kritik an den geänderten Plänen gab – beispielsweise, dass der Standort Marbach „kleingerechnet“ oder „über Jahre hinweg amputiert“ worden sei – freute man sich in Bietigheim über die Stärkung des eigenen Standorts, „der auf Jahre, wenn nicht gar Jahrzehnte gesichert wird“, wie der FDP-Stadtrat Dieter Baumgärtner sagte. Die medizinische Qualität spreche für Bietigheim.

Geplant ist, das Zentrum für Altersmedizin auf dem Helikopterlandeplatz an der Südseite der Klinik, Ecke Uhland- und Bismarckstraße zu bauen. Die darunter befindliche ehemalige Tiefgarage würde dann etwa die Baugrube für das Gebäude mit einer Kapazität von 108 Betten ergeben. Für Marbach wiederum bedeuten die Pläne, dass das 78-Betten-Haus zu einer kleineren Klinik mit rund 40 Betten umgebaut wird, die von niedergelassenen Ärzten als Beleghaus genutzt wird.

Mit ihrem Beschluss gaben die Stadträte Oberbürgermeister Jürgen Kessing sowie den Stadträdten, die im Aufsichtsrat der Kreis-Klinikengesellschaft sitzen, grünes Licht für die Zustimmung zu den nächsten Schritten. Diese sind der Beschluss zum Bau des ZfA in Bietigheim und parallel dazu die Umwandlung des Krankenhaus Marbach zu einer Belegklinik. Außerdem soll die Geschäftsführung der Holding beauftragt werden, zusätzliche Ideen zur Weiterentwicklung des Standorts Marbach zu prüfen und vorzustellen. Hier ist beispielsweise an eine Reha-Klinik oder eine Einrichtung für Psychosomatik gedacht.