Für Missmut sorgt die Nachricht von der Räumung des Krankenhauses in Vaihingen/Enz (Kreis Ludwigsburg). Die Ärzte im Vaisana-Haus fühlen sich von der Regionalen Kliniken-Holding hingehalten.

Ludwigsburg: Oliver von Schaewen (ole)

Aus der Zeitung erfuhren die Vaihinger Stadträte von der geplanten Räumung des Krankenhauses. Einige von ihnen fühlen sich übergangen. Die Regionale Kliniken Holding (RKH) Ludwigsburg-Bietigheim bemüht sich, die Wogen zu glätten. Was aber wird mit dem Vaisana, einem gut funktionierendes Ärztehaus auf dem Klinikgelände? Die dort praktizierenden Mediziner wollen einen neuen Mietvertrag, fühlen sich aber hingehalten.

 

Das Aus für das einst hochgelobte OP-Simulationszentrum der RKH im alten Vaihinger Krankenhausgebäude ist erst seit einer Woche bekannt. Die Aufsichtsräte der Kliniken gGmbH zogen die Reißleine. Das Simulationszentrum machte nach Angaben der RKH jährlich 350 000 bis 500 000 Euro Miese. Hinzu kommen Leerstandskosten von etwa einer Million Euro. Ohnehin steht die RKH unter Druck. Sie beziffert ihr Gesamtdefizit aktuell auf rund 50 Millionen Euro. Der Haushalt des Landkreises Ludwigsburg wankt, weil jährlich ähnliche Defizite drohen. Unter den Kreisräten herrscht Alarmstimmung.

Der Arzt Christoph Klinger äußert sich besorgt, weil die RKH die Mietverträge noch nicht verlängert hat, die 2027 enden. Foto: privat

Die RKH unter ihrem neuen Geschäftsführer Marc Nickel will das Krankenhaus im Jahr 2026 vermarkten. Die stationäre Versorgung dort ist schon seit 2015 Geschichte. Eine internistisch-geriatrischen Tagesklinik schloss vor zwei Jahren. Auf dem Gelände floriert hingegen das Vaisana, in dem sich 16 Ärzte verschiedener Fachrichtungen, außerdem Physiotherapeuten und andere medizinische Dienstleister niedergelassen haben. Im Sog der Ärzte halten sich ein Sanitätsfachgeschäft und eine Apotheke.

Beunruhigt wegen der Zukunft der medizinischen Versorgung äußert sich Eberhard Zucker. Der Freie-Wähler-Fraktionschef vertritt als Kreisrat die Interessen der 29 000-Einwohner-Stadt im Kreistag. „Wir sind froh, dass wir die Ärzte haben“, sagt der Stimmenkönig und zeigt sich verärgert, nur aus der Presse darüber informiert worden zu sein, dass man das Grundstück „jetzt einfach auf den Markt wirft“, ohne dass eine Lösung aufgezeigt werde. „Das schafft Unruhe.“

Wie viel bringt der RKH der Verkauf des Krankenhauses?

Zucker geht davon aus, dass die RKH die jährlichen roten Zahlen von mehr als 40 Millionen Euro nicht einfach durch den Verkauf des Krankenhaus-Geländes kompensieren kann. „Das bringt vielleicht ein bis zwei Millionen Euro – die RKH sollte erst einmal ihre Hausaufgaben machen.“ Sprich: sich mit einem schlüssigen Gesamtkonzept aus den roten Zahlen lavieren.

Bedeutet das Aus für das Krankenhaus eine Gefahr für das Vaisana-Ärztehaus? Nein, sagt die RKH auf Anfrage: Für den gesamten Standort Vaihingen werde eine nachhaltige Immobilienstrategie entwickelt – das gelte auch für das angeschlossene Gesundheitszentrum, teilt der Kliniken-Sprecher Alexander Tsongas mit. „Die vorhandenen Arztpraxen und bestehenden Mietverträge bleiben erhalten und werden in die Gesamtplanung integriert.“ Der Oberbürgermeister der Stadt Vaihingen sowie die Ärzte des Ärztehauses werden laut Tsongas beratend in den Planungsprozess eingebunden.

Ist auf eine solche Zusage Verlass? „Besser als nichts, aber immer noch viel zu vage“, sagt Christoph Klinger, einer von acht geschäftsführenden Ärzten in der Vaisana GmbH. Klinger, Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologie, sieht sich und die Kollegen schon länger vom RKH-Management im Ungewissen gelassen. Der Mietvertrag mit der RKH ende am 31. März 2027. „Wir brauchen aber eine langfristige Sicherheit, damit der künftige Käufer der Immobilie den Mietvertrag übernehmen muss.“

Die Ärzte streben seit einem Jahr einen neuen Mietvertrag an

Die RKH habe sich jedoch bisher zurückgehalten und keinen neuen Mietvertrag angeboten, berichtet Klinger. Vor einem Jahr sei man auf die Holding zugegangen und habe unter anderem darüber verhandelt, ob die gastroenterologischen Behandlungsräume im alten Krankenhaus in das Vaisana-Haus verlagert werden könnten. „Später hatten wir den Eindruck, dass die RKH abwartet und verzögert.“ So habe man auf viele E-Mails keine Antworten erhalten, Anrufversuche scheiterten.

Eine baldige Klärung sei aber unbedingt nötig, sagt Christoph Klinger. Immerhin seien nicht nur die 16 Ärzte betroffen, sondern insgesamt 40 bis 50 Mitarbeiter in dem Vaisana-Gebäude sowie jährlich 30 000 Patienten. „Wir haben große Flächen angemietet“, sagt der Mediziner. Die Ärzte müssten sich rechtzeitig um Ersatz bemühen, wenn sich ein Ende des Mietverhältnisses abzeichne.

Beunruhigt über die Zukunft der ärztlichen Versorgung auf dem Gelände äußert sich auch der Vaihinger Oberbürgermeister Uwe Skrzypek. „Für uns hat der Erhalt der ärztlichen Versorgung Priorität eins mit Sternchen.“ Das Krankenhaus-Gebäude sei in einem relativ guten Zustand.

Es dürfe nicht einfach meistbietend verkauft werden, sondern müsse der Kommune einen Nutzen bringen. Die Stadt selbst könne selbst nicht als Investor auftreten, weil ihre Finanzmittel gebunden seien. Sollte etwas anderes als ein gesundheitsbezogenes Projekt entstehen, müsste der Bebauungsplan geändert werden. Der Gemeinderat habe das letzte Wort.

Die Regionale Kliniken Holding

RKH Gesundheit
Die RKH Gesundheit ist Baden-Württembergs größter kommunaler Anbieter stationärer Krankenhausleistungen mit über 2500 Betten und 8000 Mitarbeitenden. Als Maximalversorger bietet sie nach eigenen Angaben umfassende Medizin, moderne Technik und patientenorientierte Betreuung.

Struktur
Die RKH unterhält mit ihren Tochtergesellschaften sechs Akutkliniken, eine orthopädischen Fachklinik und eine geriatrischen Rehabilitationsklinik im Kreis Ludwigsburg (RKH Kliniken Ludwigsburg-Bietigheim gGmbH und RKH Orthopädische Klinik Markgröningen gGmbH), im Enzkreis (RKH Enzkreis-Kliniken gGmbH) und im Kreis Karlsruhe (RKH Kliniken des Landkreises Karlsruhe gGmbH).