Die Planänderungen für das Katharinenhospital in Stuttgart sollen dieses zukunftsfähig machen, sagt der Krankenhausbürgermeister Michael Föll. Das kostet allerdings Zeit und Geld.

Lokales: Mathias Bury (ury)

Stuttgart - Die Klinikneubauten am Katharinenhospital werden um weitere Gebäude ergänzt. Dadurch steigen die Kosten. Anlass für Fragen an Krankenhausbürgermeister Michael Föll.

 
Herr Föll, die Kosten für den Neubau des Katharinenhospital steigen stark. Ist der Kämmerer in Ihnen nicht schockiert?
Natürlich wäre es mir lieber, wenn es nicht so wäre. Aber es ist seit Längerem bekannt, dass die 430 Millionen Euro für die bisherigen Planungen nicht ausgereicht hätten, Stand heute lägen wir bei 600 Millionen Euro. Wenn wir nun aber 750 Millionen Euro in die Hand nehmen, muss ich schon fragen: Kriegen wir dafür auch das Bestmögliche für das Klinikum für die nächsten 50 Jahre? Unter Berücksichtigung der Landesförderung bleibt an Stadt und Klinikum gar nicht so viel zusätzlich hängen, rund 50 Millionen Euro mehr als für die bisherigen Planungen. Da sage ich: Das ist gut investiertes Geld.
Warum die Änderung?
Die Sanierung des Bettenhauses – statt eines Neubaus – wäre deutlich teurer geworden als ursprünglich geplant und hätte erhebliche funktionale Mängel mit großen Zeit- und Genehmigungsrisiken beinhaltet. Man hätte teure Kompromisse eingehen müssen. Und die bisherige Planung sah zudem ein kleineres Haus als Ersatz für den heutigen Katharinenhof vor. Das halten wir nicht mehr für richtig, weil wir uns noch mal die Entwicklung des Klinikums angeschaut haben. Im neuen Konzept ist das Bauvolumen größer, die Fläche um fast 10 000 Quadratmeter höher und die Nutzung anders.
Warum ist das erforderlich?
Wir hätten zum Beispiel die Operationssäle über die Gebäude verteilt gehabt und nicht auf einer Ebene konzentriert. Wir hätten erhebliche Probleme mit der Sterilgutversorgung gehabt, einer Schlüsselfunktion im Krankenhaus. Die bisherigen Planungen hatten den Status quo fortgeschrieben. Man muss aber auch die künftigen medizinischen Entwicklungen einbeziehen, ebenso die Veränderungen in den anderen Gebäuden.
Die Bauzeit soll nun bis 2028 dauern, noch mal zehn Jahre. Ist das noch zumutbar?
Seit dem Baubeschluss für das im Bau befindliche Haus F, dem künftigen Haupteingang, hat sich der Zeitplan gar nicht so sehr verändert. Der Ablauf jetzt ist auch nicht viel anders als in der vorigen Planung. Man kann eben nur in Teilabschnitten hintereinander bauen, weil der Krankenhausbetrieb uneingeschränkt fortgeführt werden muss.
Man ist in der Planung bisher offenbar eher stückchenweise vorgegangen, erst jetzt kommt die umfassendere Lösung. Das hat Zeit und damit auch Geld gekostet.
Das kann ich nicht sagen. Diese Frage haben wir uns nicht gestellt. Unsere Frage lautete vielmehr: Ist das bisher Geplante die richtige Antwort für ein Klinikum der Zukunft?
Auch Sie, heißt es, seien lange Jahre vehement dagegen gewesen, die Bettenhäuser durch einen Neubau zu ersetzen.
Wir hatten in der Vergangenheit auch kein ganzheitliches Konzept. Das ist jetzt anders. Es hieß immer: Die Sanierung der Häuser sei möglich. Nun haben wir gesagt: Wir brauchen eine Gesamtplanung, die man herunterbrechen kann auf die einzelnen Teile – und nicht nur die Hoffnung, dass am Ende schon ein Gesamtkonzept herauskommt. Man muss an der Stelle aber schon sagen: Man hat vieles auch richtig gemacht. Die Verminderung der Klinikstandorte von fünf auf zwei war zentral richtig.
Als Kämmerer hatten Sie im Klinikum aber seit Langem schon mitzureden.
Ich war mit dem Klinikum natürlich befasst. Aber in die bauliche Entwicklung war ich im Einzelnen nicht involviert.
Man hat den Eindruck: Als Sie nur Kämmerer waren, wurde das Klinikum knapp gehalten, jetzt, da Sie auch Krankenhausbürgermeister sind, fließt das Geld weitaus kräftiger.
Auch jetzt wird das Klinikum zum Beispiel einen Eigenfinanzierungsanteil für die Neubauten erbringen müssen. Und die Stadt hat auch in der Vergangenheit viel Geld ins Klinikum investiert, zum Beispiel 155 Millionen Euro ins neue Olgahospital.
Was sind die großen Herausforderungen der kommenden Jahrzehnte?
Generell braucht man heute flexible Strukturen auf den Stationen und zwischen den einzelnen Kliniken, so dass man verstärkt interdisziplinär arbeiten kann. Und die heute recht scharfe Trennung zwischen ambulanter und stationärer Versorgung wird in der Zukunft geringer werden. Hinzu kommt, dass wir der Herzchirurgie eine Langfristperspektive geben müssen. Sie ist in einem Gebäude von Anfang der 1990er Jahre, das Ende des nächsten Jahrzehnts seine bauliche Lebensdauer erreichen wird.
Wie läuft eigentlich der Betrieb des Klinikums? Wie hoch war das Defizit 2017?
Wir waren im Wirtschaftsplan 2017 von einem Defizit von 13,7 Millionen Euro ausgegangen, tatsächlich liegen wir bei 17 bis 18 Millionen Euro. 2018 rechnen wir mit einem Defizit von 15 Millionen Euro.
Sie sind jetzt schon einige Zeit Krankenhausbürgermeister. Haben Sie sich die Aufgabe eigentlich so schwierig vorgestellt?
Dass die Aufgabe nicht einfach ist, habe ich gewusst. Dass sie aber so herausfordernd ist, habe ich gelernt.
Es erscheint einem aber zumindest so, als ob Sie dem Amt dennoch etwas abgewinnen können, was über den professionellen Einsatz des Zahlenmenschen hinausgeht.
Ich habe für das Thema eine Leidenschaft entwickelt, die mich manchmal selbst überrascht. Das kommt daher, dass ich sehe, welche Potenziale in dem Klinikum stecken und welche medizinische Bedeutung es für die Stadt und weit darüber hinaus hat. Früher habe ich die Dinge vor allem aus dem Blickwinkel des Kämmerers betrachtet. Heute muss ich beide Blickwinkel einnehmen, den des Kämmerers und den des Krankenhausbürgermeisters. Und mit beiden Augen sieht man besser als nur mit einem.