Experten schätzen, dass bis zu 600 000 Menschen pro Jahr in Deutschland Krankenhausinfektionen erleiden. Bis zu 20 000 von ihnen würden daran sterben, heißt es in einer Studie des Robert-Koch-Instituts. Deutlich mehr als bisher angenommen.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Berlin - Durch im Krankenhaus erworbene Infektionen sterben einer neuen Schätzung zufolge in Deutschland wohl jedes Jahr mehr Patienten als bisher gedacht.

 

Angenommen werde, dass pro Jahr 10 000 bis 20 000 Menschen aufgrund sogenannter nosokomialer Infektionen ums Leben kommen, teilte das Robert Koch-Institut (RKI) am Freitag (15. November) in Berlin zu einer im Fachblatt „Eurosurveillance“ publizierten Studie mit – deutlich mehr als bisher angenommen.

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Bis zu 600 000 Krankenhausinfektionen pro Jahr

„Eine frühere Schätzung hatte 10 000 bis 15 000 Todesfälle pro Jahr ergeben“, hieß es weiter seitens des RKI. Todesfälle durch diese Keime seien schwer zu bestimmen – vor allem weil viele Patienten schwere Grundkrankheiten hätten, die auch ohne Krankenhausinfektion häufig zum Tod führten.

Die Studienautoren schätzen, dass 400 000 bis 600 000 Menschen pro Jahr Krankenhausinfektionen erleiden. Der Anteil der Patienten, die während eines Krankenhaus-Aufenthaltes eine Infektion bekommen, liege in Deutschland bei rund 3,6 Prozent – weniger als im EU-Durchschnitt (5,5 Prozent).

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Fünf hauptsächliche Infektionen untersucht

Betrachtet man aber die Zahl solcher Infektionen pro 100 000 Einwohner, steht Deutschland schlechter dar als der EU-Schnitt, betont das RKI. Wichtige Schritte seien, die Zahl vermeidbarer Krankenhausaufenthalte zu verringern sowie effektive Infektionskontrolle und -prävention.

Für die Studie seien die fünf Infektionen betrachtet worden, die fast 80 Prozent der im Krankenhaus erworbenen Infektionen ausmachen, erklärt das Institut: Lungenentzündungen, Harnwegsinfektionen, Wundinfektionen, Infektionen mit dem Krankenhauskeim Clostridium difficile und Blutstrominfektionen.

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Viele Deutsche fürchten sich vor einem Klinikaufenthalt

Viele Bundesbürger haben Angst vor einer stationären Behandlung im Krankenhaus: Fast jede dritte Frau (32 Prozent) und jeder vierte Mann (25 Prozent) fürchten sich einer Forsa-Umfrage zufolge vor einem Klinikaufenthalt. Die repräsentative Befragung im Auftrag der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH) zeigt zudem, welche Befürchtungen die Deutschen im Einzelnen haben.

Dem Bericht zufolge haben 81 Prozent derjenigen, die Sorgen vor einer stationären Behandlung haben, Angst vor einer Ansteckung mit Krankenhauskeimen. Jeder Zweite fürchtet sich vor der Notwendigkeit einer erneuten Operation und Komplikationen bei der Narkose. Eine mögliche schlechte Wundheilung und mangelhafte Qualität der verwendeten Medizinprodukte spielen ebenfalls für jeden Zweiten eine Rolle. Vergessenes OP-Besteck im Körper und Medikamenten-Unverträglichkeit sind für jeden Dritten ein Grund, sich Sorgen zu machen.

Für die Studie waren im Juli rund 1000 Bundesbürger zwischen 18 und 70 Jahren befragt worden.

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