Der Minister möchte, dass sich jeder privat versichern kann. Er stößt damit auf breite Ablehnung. Mit gesundheitspolitischen Misserfolgen haben die Liberalen allerdings schon einige Erfahrung.

Berlin - Das Blatt wird viel gelesen. Und deshalb nutzte Angela Merkel im Wahlkampf 2009 die „Apotheken-Umschau“, um eine gesundheitspolitische Botschaft unters Volk zu bringen. Was die FDP in puncto Krankenversicherung vorschlage, entspreche nicht dem Gedanken der sozialen Ausgewogenheit, teilte die CDU-Vorsitzende mit: „Und soziale Unausgewogenheit wird die Union nicht zulassen.“ Vier Jahr später ist wieder Wahlkampf. Und nun hat Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) wieder vorgetragen, was Merkel und die CDU/CSU keinesfalls wollen: Jeder soll, so Bahr, bei der Krankenversicherung frei entscheiden können, ob er sich gesetzlich oder privat versichert.

 

Bisher steht die private Krankenversicherung (PKV) nur Beamten, Selbstständigen und gut verdienenden Angestellten offen. Schon seit langem verlangt die FDP, was sie „Pflicht zur Versicherung“ nennt: Jeder muss krankenversichert sein, wobei es aber jedem selbst überlassen sein soll, ob er dafür eine gesetzliche Kasse oder die PKV wählt. Wie Merkels Bekundung zeigt, hat dieses Konzept keine Chance – und so kam auch jetzt zu Bahrs Einlassung von der Union ein schroffes Nein. Auch die Krankenkassen und die Opposition lehnen die liberale „Pflicht zur Versicherung“ ab.

Der Vorschlag lässt viele Fragen offen

Diese Pflicht bezieht sich nur auf eine „Grundleistung“, wie Bahr das nennt. Was zur Grundleistung zählen soll, ist aber völlig offen, womit auch niemand weiß, welche Therapie, welches Medikament, welche ärztliche Leistung als „Zusatzleistung“ gegebenenfalls aus eigener Tasche bezahlt oder über eine Zusatzversicherung abgedeckt werden müsste. Das ist nicht die einzige Frage, auf die die FDP keine Antwort gibt. Offen ist auch, ob die PKV weiterhin Risikozuschläge nehmen dürfte – ob sie also für Ältere oder kranke Menschen höhere Beiträge verlangen dürfte als für Jüngere und Gesunde. In dem Fall, sagt der SPD-Abgeordnete Karl Lauterbach, wäre Bahrs Vorschlag ein Wahlgeschenk an die PKV. Denn die würde sich dann auf die Jüngeren und Gesunden konzentrieren, während es für Ältere und Kranke, die sich dann bei den Kassen sammelten, teurer würde.

Der Vorschlag ist also chancenlos. Mit gesundheitspolitischen Misserfolgen haben die Liberalen allerdings schon einige Erfahrung. Im Wahlkampf 2009 betonte der damalige FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle in jeder Rede, dass der Gesundheitsfonds „AOK-Kassensozialismus“ sei, der nichts besser, aber alles teurer mache. Inzwischen regiert die FDP seit vier Jahren mit und stellte mit Philipp Rösler und nach ihm mit Daniel Bahr den Bundesgesundheitsminister. Doch der Gesundheitsfonds ist so lebendig wie eh und je.