Die Kreisräte stimmen dem Radweg nach Stuttgart zu.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Kreis Böblingen - Wagemut forderte der Landrat von seinen Kreisräten: „Es ist neu und für uns ungewohnt“, sagte Roland Bernhard über das Projekt, das für geteilte Meinungen in der Sitzung sorgte. Am Ende zeigten die Fraktionen die gewünschte Courage und stimmten mit einer Zweidrittelmehrheit für den Radschnellweg zwischen Stuttgart und Böblingen. Die Bauarbeiten werden jetzt ausgeschrieben und sollen im Juli beginnen. Dann wird die unter Denkmalschutz stehende gepflasterte Römerstraße, die einst für Panzer gebaut worden war, größtenteils asphaltiert. Der Ausbau der etwa vier Kilometer langen Strecke kostet rund 3,2 Millionen Euro, eine Million Euro mehr als ursprünglich geplant. „Ich bin überzeugt davon, dass wir damit viele Pendler aufs Rad bringen“, sagte der Landrat. Er rechnet mit täglich 2000 Radfahrern auf der Strecke.

 

Als „eine sehr sportliche Aussage“ ordnet Peter Pfitzenmaier die Schätzung Roland Bernhards ein. Eher skeptisch betrachtet der SPD-Kreisrat das ganze Projekt. In seiner Fraktion sei die Stimmung geteilt, berichtet er – und das gilt für fast alle in dem Gremium vertretenen Parteien. Vor allem am hohen Standard, der für den Radschnellweg gilt, stören sich die Kreisräte. In erster Linie geht es um die Beleuchtung des Radwegs in der Nacht, was Flora und Fauna stören würde, sowie die geforderte Breite von vier Metern. Peter Pfitzenmaier monierte außerdem noch einmal, dass dafür ein Baudenkmal geopfert werde. Nur auf zwei 50 Meter breiten Streifen sollen die Pflastersteine sichtbar bleiben. Die Verwaltung solle prüfen, ob sich diese Sichtfenster nicht auf mehr als 80 Meter verlängern ließen, sagte der Kreisrat.

„Standard völlig überzogen“

„Ich halte den Standard für völlig überzogen“, betonte Martin Thüringer. Grafenaus Bürgermeister hat die vorgesehene Beleuchtung anfänglich sogar für einen Schildbürgerstreich gehalten. Und dass auf dem Radweg auch noch Winterdienst geleistet werden muss, ist für ihn ein weiteres Problem. Die Kommunen müssten später für diesen hohen Standard büßen, sagt der  Freie-Wähler-Kreisrat. Um niedrigere Preise zu erzielen hätte er mit der Ausschreibung außerdem bis in den Herbst gewartet. „Nur weil das Land große Teile bezahlt, muss man es nicht machen“, sagte Walter Arnold (CDU). Der Kreis Böblingen muss mit 1,2 Millionen Euro etwa ein Drittel der Kosten übernehmen. Arnold plädierte für „vernünftige Radwege“ und den Ausbau von so vielen Strecken wie möglich.

„In der Summe ist es tatsächlich eine Chance“, warb Thomas Sprißler für das Projekt. Herrenbergs Oberbürgermeister (Freie Wähler) setzt darauf, dass das Angebot zu einer größeren Nachfrage führt. Die Verkaufszahlen für Pedelecs und E-Bikes machen ihn optimistisch. Um weite Strecken mit dem Fahrrad zu überbrücken, sei ein entsprechender Ausbau notwendig. „Die Lichtdiskussion geht mir auf die Nerven“, konterte Brigitte Ostmeyer. Autos und Lastwagen würden viel mehr Licht produzieren – und für sie würde viel mehr Fläche betoniert und im Winter gestreut werden. „Ich wünsche mir, dass auch Fahrradwege ordentlich hergerichtet werden“, sagte die Kreisrätin (Linke). Für Martin Preiß ist der Radschnellweg ein Versuch, um Erfahrung zu sammeln. Der Grüne sieht bei der Ausstattung von Radwegen im gesamten Kreis noch Nachholbedarf.

Für Roland Bernhard ist der geforderte Wagemut durchaus angebracht: Den Bau von Radschnellwegen sieht der Landrat als „eine Überlebensstrategie in einem Automobil-Landkreis“.