Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Dank frühzeitiger Stimmungsmache ist das Verfahren vor allem eines: teuer. Wer in der Debatte sachlich bleiben will, hat schnell verloren.

 

Im Prinzip ist Bernd Vöhringers Strategie aufgegangen. Zwar wurde Sindelfingens Oberbürgermeister von allen Fraktionen außer der CDU für seine Stimmungsmache gegen die Suche für einen Deponiestandort im Kreis Böblingen kritisiert. Immerhin hatte er dem Landrat unter anderem unterstellt, das Verfahren persönlich manipuliert zu haben.

Dennoch wurde die Beurteilung der Fachbehörden des Landratsamtes durch den Beschluss ausgehebelt. Statt auf die Kompetenz der Kreisbehörde setzen die Kreisräte jetzt auf extern erstellte Gutachten – und die Hoffnung, dass sie das Problem durch eine geringere Deponiegröße verkleinern können.

Doch mit diesem Beschluss nimmt das Problem eher viel größere Ausmaße an. Abgesehen davon, dass die Suche nach einem geeigneten Standort nun viel kostspieliger wird, wird sie auch viel komplizierter. Denn durch die Propaganda ist die negative Einstellung gegenüber einer solchen Anlage sicherlich gestiegen. Egal an welcher Stelle sie positioniert wird, der Protest wird riesig sein. Wer politisch korrekt bleiben und Töne wie aus Sindelfingen vermeiden will, hat in dieser Debatte dann schnell verloren.

Mit ein paar tausend Euro mehr für das Auswahlverfahren und ein paar Millionen mehr für den Bau von zwei kleineren Anlagen statt einer großen lässt sich die aufgeheizte Stimmung sicher nicht beschwichtigen. Deutliche Stellungnahmen für eine sachliche politische Kultur und ein Festhalten am Verfahren hätten dagegen Zeichen setzen können.

Fraktionen begrüßen Schritt zurück

Als „sehr gründlich und gewissenhaft“, bezeichnete dann Wilfried Dölker die bisherige Standortsuche. Sie nicht von Anfang an transparent gemacht zu haben, ist der einzige Fehler, den der Fraktionschef der Freien Wähler entdecken kann. Die Bewertungen der Fachämter des Landratsamtes seien nicht aus der Luft gegriffen gewesen, sagte er. Dennoch plädierte Wilfried Dölker für die im Ausschuss beschlossene Rückkehr zur Liste der 22 Kandidaten des Ingenieurbüros. Diese Rangfolge war von der Kreisbehörde auf fünf potenzielle Standorte reduziert worden. Auch SPD, Grüne und die Linken klagen auf dieser Linie. Peter Pfitzenmaier begrüßte die Ausweitung der Untersuchungen. Die Frage der Wirtschaftlichkeit muss für den Kreisrat aus Leonberg am Schluss der Gesamtbetrachtung stehen. „Ein großer Standort ist nicht durchsetzbar“, davon ist Roland Mundle (Grüne) überzeugt. Er hält es für klug, auf kleinere Standorte zu setzen.

Eltinger Kopf als Vorbild?

Nur der Sindelfinger Stadtrat Andreas Knapp plädierte gegen den Rückschritt. „Eine Erddeponie gehört nicht zum Schlimmsten, was man der Bevölkerung zumuten kann“, sagte der FDP-Kreisrat. Er forderte, das Thema nicht aufzubauschen. Solche Anlagen seien keine ökologische Katastrophe, sondern könnten auch eine Chance sein. Als Beispiele nannte er renaturierte Halden, die zu neuen Ausflugszielen würden wie der Eltinger Kopf. Dass das Landratsamt die Suche nicht-öffentlich angegangen ist, hält er für ein typisches und richtiges Vorgehen einer Verwaltung. Rührten viele Köche in einem Brei herum, werde er bekanntlich nicht besser. „Man macht doch nicht 25 Kommunen verrückt, wenn man weiß, dass man nur einen Standort braucht“, sagte Knapp.

Über das Ergebnis des neu aufgerollten Verfahrens können sich die Kreisräte immerhin nicht mehr beschweren: Laut dem Beschluss wird eine Arbeitsgruppe aus ihren Reihen gebildet, die „den AWB beim weiteren Prozess eng begleiten wird“.

Kommentar: Kostspielige Korrektheit

Dank frühzeitiger Stimmungsmache ist das Verfahren vor allem eines: teuer. Wer in der Debatte sachlich bleiben will, hat schnell verloren.

Im Prinzip ist Bernd Vöhringers Strategie aufgegangen. Zwar wurde Sindelfingens Oberbürgermeister von allen Fraktionen außer der CDU für seine Stimmungsmache gegen die Suche für einen Deponiestandort im Kreis Böblingen kritisiert. Immerhin hatte er dem Landrat unter anderem unterstellt, das Verfahren persönlich manipuliert zu haben.

Dennoch wurde die Beurteilung der Fachbehörden des Landratsamtes durch den Beschluss ausgehebelt. Statt auf die Kompetenz der Kreisbehörde setzen die Kreisräte jetzt auf extern erstellte Gutachten – und die Hoffnung, dass sie das Problem durch eine geringere Deponiegröße verkleinern können.

Doch mit diesem Beschluss nimmt das Problem eher viel größere Ausmaße an. Abgesehen davon, dass die Suche nach einem geeigneten Standort nun viel kostspieliger wird, wird sie auch viel komplizierter. Denn durch die Propaganda ist die negative Einstellung gegenüber einer solchen Anlage sicherlich gestiegen. Egal an welcher Stelle sie positioniert wird, der Protest wird riesig sein. Wer politisch korrekt bleiben und Töne wie aus Sindelfingen vermeiden will, hat in dieser Debatte dann schnell verloren.

Mit ein paar tausend Euro mehr für das Auswahlverfahren und ein paar Millionen mehr für den Bau von zwei kleineren Anlagen statt einer großen lässt sich die aufgeheizte Stimmung sicher nicht beschwichtigen. Deutliche Stellungnahmen für eine sachliche politische Kultur und ein Festhalten am Verfahren hätten dagegen Zeichen setzen können.