Wie so häufig, wenn man langjährigen Amtsinhabern nachfolgt, sind die Fußstapfen, die hinterlassen worden sind, tief. Wolf Eisenmann war 27 Jahre lang Erster Landesbeamter in Böblingen, nun ist der Heidelberger Martin Wuttke sein Nachfolger.

Kreis Böblingen - Wie so häufig, wenn man langjährigen Amtsinhabern nachfolgt, sind die Fußstapfen, die hinterlassen worden sind, tief. Am ersten Arbeitstag von Martin Wuttke als Vize-Landrat hat er eine ganze Reihe von Aktenstapeln mit gelben Post-it-Zetteln gefunden. „Das könnte wichtig werden“, stand dort drauf. Oder „Bitte lesen“. Wolf Eisenmann, der 27 Jahre lang „Erster Landesbeamter“ war, wie es offiziell heißt, hat auch am Ende nichts dem Zufall überlassen.

 

Nun ist es eine Ironie der Geschichte, dass dem dienstältesten Vize-Landrat in ganz Baden-Württemberg der jüngste folgt. Und Martin Wuttke ist schon länger der jüngste – denn im zarten Altern von 32 Jahren wurde er bereits Stellvertreter des Kreischefs in Mosbach. „Die Chemie zwischen dem Landrat und mir stimmt“, sagt Wuttke über seinen neuen Chef. Und auch sein Vorgesetzter Roland Bernhard schwärmt in den höchsten Tönen, spricht gar von einer „Traumbesetzung“.

Wer ist dieser Mann, auf den sich so viele Erwartungen richten? Wer ihm zum ersten Mal begegnet, dem fällt sofort seine offene, herzliche Art auf. Natürlich hat ein Vize-Landrat ein Vorzimmer, doch Martin Wuttke hält wenig von Statussymbolen, ist unkompliziert und direkt. Aufgewachsen ist er in einer Nachbargemeinde von Heidelberg, der 39-Jährige stammt aus einer Lehrerfamilie, seine spätere Frau lernte er als Student kennen. In seiner Heimatstadt Heidelberg, in Jena und Brüssel studierte Martin Wuttke Jura. „Aber es war schon früh klar, dass ich mich für die öffentliche Verwaltung interessiere“, erzählt er. Anwalt wollte er nie werden, das Verhältnis von Staat und Bürger hat ihn schon immer fasziniert.

Martin Wuttke wollte also in die Verwaltung. Aber auch da gibt es heutzutage sogenannte Assessment Center, also Gruppen-Bewerbungsverfahren. „Der Personalreferatsleiter hat mich danach gefragt: Schwäbisch Hall oder Mosbach?“, erzählt Wuttke. Er entschied sich für das näher liegende Mosbach, kam in das kleine Landratsamt des Neckar-Odenwald-Kreises mit rund 150 000 Einwohnern. Dort wurde er nach kurzer Zeit Persönlicher Referent des Landrats Achim Brötel, durfte die Verwaltungsreform von Erwin Teufel mitgestalten – und die Kreiskliniken in eine GmbH ausgliedern helfen. Eine Abfallentsorgungsanlage war ebenfalls Thema – mit ähnlichen Problemen dürfte er sich auch alsbald in Böblingen beschäftigen.

Nach einer Station beim Regierungspräsidium Karlsruhe, wo er sich mit Flüchtlingsaufnahme beschäftigte, wurde an seiner ersten Wirkungsstätte das Amt des Vize-Landrats überraschend frei, Wuttke bewarb sich mal wieder. Mit 32 Jahren wurde er schließlich Vizelandrat – wieder in Mosbach. „Das war natürlich spannend und toll“, sagt er. „Aber es war auch eine riesige Herausforderung“, erklärt er heute. So musste etwa der Geschäftsführer der Kreiskliniken entlassen werden. Mit seiner Frau wohnte er schon damals in Stuttgart, weil diese bei einer großen Kanzlei in der Landeshauptstadt arbeitet. „Daher lag die Bewerbung in Böblingen nahe, die Fahrt ist einfach deutlich kürzer“, lächelt Wuttke, und hat so charmant die Frage geklärt, warum er sich ausgerechnet hier beworben hat. Kurz vor seiner Vorstellung im Kreistag ist übrigens die erste Tochter geboren.

Und nun in Böblingen sind die Herausforderungen wiederum enorm. „Hier im verdichteten Raum gibt es viel weniger Platz für alles“, hat er festgestellt. Die Geothermie-Sanierungen und die Forstreform sind seine ersten Themen. Wuttke denkt vor allem über die Doppelrolle eines Ersten Landesbeamten nach – disziplinarisch ist der Landrat sein Dienst-Vorgesetzter, doch er wird vom Innenministerium bestellt. Gleichzeitig vertritt er Roland Bernhard aber bei allen Themen. „Wichtig ist, dass man miteinander kann“, bringt er es auf den Punkt. Ob er das Amt so politisch ausüben wird wie Wolf Eisenmann? „Das muss sich entwickeln“, sagt Wuttke selbst.

Immerhin, mit Kritik aus Altkreisen kennt er sich aus – denn die gab es auch im Neckar-Ordenwald-Kreis. Was er dazu sagt? Wuttke lächelt erneut charmant: „Ich habe hier meine Arbeit zu machen.“