Nachdem vor sechs Jahren die frühere Einrichtung aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen wurde, soll es nun eine kleinere variante mit neuen Konzeption geben. Vorgesehen sind zwölf Plätze. Lob kommt aus Leonberg.

Kreis Böblingen - Seit sechs Jahren gibt es im Kreis Böblingen kein Schutzhaus mehr für misshandelte Frauen. Das soll sich nun ändern. Ein kleineres Haus mit zwölf Plätzen solle entstehen, verkündete der Sozialamtsleiter Alfred Schmid jüngst im Gesundheits- und Sozialausschuss des Kreistags. „Wir mussten das damalige Frauenhaus, das eines der ersten im Land war, vor sechs Jahren schließen, weil es sich betriebswirtschaftlich nicht mehr getragen hat“, sagte Schmid. „Wir sind aber der Auffassung, dass sich ein Haus mit zwölf Plätzen trägt.“ Er werde nun gemeinsam mit dem Verein Frauen helfen Frauen im Kreis sowie dem Paritätischen Wohlfahrtsverband ein sogenanntes Interessensbekundungsverfahren einleiten.

 

„Ambulante Beratungsangebote und eine neue Gesetzeslage haben den Bedarf an Frauenhausplätzen gesenkt“, stellte Schmid fest. So werden heute – anders als vor 30 Jahren – gewalttätige Männer oft vom Richter der Wohnung verwiesen und die Frau und Kinder können bleiben. Trotzdem gebe es nach wie vor einen Bedarf für ein Schutzhaus, sagte Schmid. Dies hatten kürzlich auch Wilma Römer und Karin Kellermann-Körber betont. Die langjährigen Vorstandsfrauen des Vereins Frauen helfen Frauen hatten zu ihrem Abschied als Vorsitzende darüber berichtet.

Konzept von „Frauen helfen Frauen“

Das neue Frauenhaus soll allerdings eine etwas geänderte Konzeption haben. So sollen nicht nur wie früher Sozialpädagoginnen die Frauen und Kinder betreuen. Geplant ist auch die Anstellung einer Hauswirtschafterin, die den Zufluchtssuchenden im Alltag und bei hauswirtschaftlichen Fragen und Problemen zur Seite steht. Dieses Konzept stammt vom Verein Frauen helfen Frauen, der Träger des früheren Frauenhauses war.

„Wir mussten feststellen, dass am Schluss andere Frauen zu uns kamen als anfangs“, sagte Wilma Römer, die das Frauenhaus einst mitbegründet hat. Seien in den Anfangsjahren „die ganz normalen schwäbischen Hausfrauen gekommen, die ein Problem mit einem gewalttätigen Ehemann hatten, seien es später „Frauen mit vielen verschiedenen Problemen“ gewesen. Viele würden die einfachsten Alltagsdinge nicht schaffen. Dabei soll künftig die Hauswirtschafterin helfen.

Der Kreissozialdezernent Schmid geht von etwa 40 Frauen und 40 Kindern aus, die pro Jahr in dem Haus Schutz suchen. 50 Prozent der Bewohnerinnen kämen vermutlich aus anderen Kreisen. Dafür nehmen auch Frauenhäuser in Stuttgart und anderswo ihrerseits Schutzsuchende aus dem Landkreis Böblingen auf.

Nach Angaben des Dachverbands „Der Paritätische Baden-Württemberg“ besteht in der Region Stuttgart ein großer Bedarf an Frauenhausplätzen. Im vergangenen Jahr seien die bestehenden Schutzeinrichtungen in Stuttgart und der Region zu 90 Prozent ausgelastet gewesen. Oftmals hätten die Häuser bei akuten Anfragen Frauen ablehnen müssen, weil alle Plätze belegt waren. Für ein neues kleineres Schutzhaus in Böblingen rechnet die Kreisverwaltung mit einer Auslastung von 75 Prozent.

Derzeit bezuschusst der Landkreis die Beratungsstelle gegen Häusliche Gewalt des Vereins Frauen helfen Frauen mit jährlich 40 000 Euro. Diese soll weiter betrieben und von der Kreisverwaltung finanziell gefördert werden.

Neutraler Ort

„Wir begrüßen ein solches Vorhaben sehr“, sagt Renate Strauss, die Vorsitzende des Frauenzentrums Leonberg. Obwohl es inzwischen die gesetzliche Möglichkeit des Platzverweises gibt, bedürfe es in vielen Fällen auch eines neutralen Ortes, an dem die betroffenen Frauen Schutz finden. „Leider brauchen wir ein solches Haus noch“, ist Renate Strauss überzeugt. Aber sein Bestand müsse finanziell dauerhaft gesichert sein, fordert sie.

Aus den Kontakten zu den Beratungsstellen gegen häusliche Gewalt sieht die Vorsitzende des Leonberger Frauenzentrums eine ganz neue Gruppe von Frauen, die das Schutzhaus in Anspruch nehmen wird. „Wir haben es vermehrt mit Frauen zu tun, die Gewalt erfahren, aber die kein einziges Wort Deutsch verstehen“, hat Renate Strauss aus den Gesprächen mit den Beraterinnen erfahren.

Verein betreibt zwei Beratungsstellen

30 Jahre lang gab es im Kreis Böblingen ein Frauenhaus. Es wurde 1981 als eines der ersten im Land von Ehrenamtlichen eingerichtet. Frauen nicht nur aus dem Landkreis, sondern auch aus der Region fanden Zuflucht. 2011 wurde das Haus mit 22 Plätzen aus finanziellen Gründen geschlossen.

Träger des Frauenhauses war der Verein Frauen helfen Frauen Böblingen. Er ist noch immer Träger zweier Beratungsstellen: Die Thamar – Beratungsstelle gegen sexuelle Gewalt hat im vergangenen Jahr 237 Personen beraten sowie 52 Fortbildungen und Informationstreffen veranstaltet. Zudem gibt es eine Beratungsstelle bei häuslicher Gewalt. Sieben Angestellte hat der Verein – alle in Teilzeit. Nachts und an den Wochenenden ist unter der Nummer 0 70 31 / 63 28 08 ein Notruftelefon geschaltet, das von ehrenamtlich tätigen Frauen betreut wird. Diese wurden alle vom Verein für ihre Aufgaben geschult.