Kreis Böblingen Diese Fehler sollte man vermeiden, wenn man ein Tier angefahren hat

Rehe fallen besonders häufig dem Straßenverkehr zum Opfer. Foto: dpa

Die Zahl an Wildunfällen nimmt im Herbst erheblich zu. Doch nicht jeder Autofahrer weiß, was zu tun ist, wenn man ein Tier anfährt. Im schlimmsten Fall droht sogar ein Bußgeld.

Es ist ein trauriger Anblick: ein kleines flauschiges Eichhörnchen liegt mitten auf der Straße, die Beinchen unnatürlich überkreuzt. Unter ihm auf dem Asphalt ein roter Fleck. Es ist tot. Auf den Straßen im Kreis Böblingen sieht man derzeit wieder viele überfahrene Wildtiere. Im Herbst spitzt sich die Situation noch weiter zu. Bilder der toten Eichhörnchen, Igel, Füchse oder Rehe setzen sich im Kopf fest. Allein eine Viertelmillion tödlicher Zusammenstöße mit großen Wildtieren werden jährlich in Deutschland notiert, darunter 200 000 mit Rehen und 30 000 mit Wildschweinen.

 

Obwohl dies beweist, dass Wildunfälle in Deutschland durchaus keine Seltenheit sind, wissen viele Autofahrer trotzdem nicht, wie sie sich nach dem Zusammenstoß mit einem Reh, einem Dachs oder einem Wildschwein verhalten sollten. Einige stehen derart unter Schock, dass sie sich so schnell wie möglich mit dem Auto aus dem Staub machen. Das kann jedoch schwerwiegende Folgen haben.

Im Wald sollte man besonders aufmerksam sein

„Es kommt das ganze Jahr über zu Wildtierunfällen“, erklärt Andreas Hank, der Wildtierbeauftragte des Landkreises Böblingen. Die risikoreichste Zeit sei allerdings, wenn die Dämmerungszeit mit der Hauptverkehrszeit zusammenfalle, wie das nach der Zeitumstellung im Herbst der Fall sei. Autofahrer sollten sich dann bewusst sein, dass das Risiko eines Wildunfalls erhöht sei und besonders aufmerksam fahren, rät Hank. Besondere Vorsicht gelte auf Straßen, die durch Wälder oder an Wald- und Feldrändern entlang führten. „Dort sollte man ein wachsames Auge haben“, sagt der Wildtierbeauftragte.

Der Wildtierbeauftragte Andreas Hank erklärt, was man bei einem Unfall beachten muss. Foto: Eibner-Pressefoto

Doch wie verhält man sich, wenn man versehentlich ein großes Wildtier angefahren hat? „Das wichtigste ist, erst einmal Ruhe zu bewahren und auf die eigene Sicherheit zu achten und die Unfallstelle zu sichern“, erklärt Andreas Hank. Das bedeutet, die Warnblinker anzumachen, die Warnweste anzuziehen und das Warndreieck aufzustellen. Anschließend könne man einen Blick auf Auto und Tier werfen. Sei das Tier tot, könne man es vorsichtig von der Fahrbahn ziehen, um Folgeunfälle zu vermeiden. Sei das Tier verletzt oder handle es sich um ein Wildschwein, sei es ratsam, das Tier nicht anzufassen. Denn verletzte Tiere können sich wehren und eine Gefahr darstellen. Im Anschluss rät der Wildtierexperte, bis zu einer sicheren Stelle wie einem Waldweg oder einer Einbuchtung weiterzufahren und die Polizei zu verständigen. Hilfreich für die Polizisten sei, wenn sie genaue Koordinaten der Unfallstelle hätten. Anhand eines GPS oder der Kilometerangaben auf den Leitpfosten könne man den Beamten die Position des Tieres schildern.

Bei großen Wildtieren kommt die Polizei

Die Polizisten nehmen den Wildunfall auf und stellen eine Wildunfallbescheinigung aus, die für die Schadensregulierung mit der Versicherung notwendig ist. Zudem verständigen sie den für das Gebiet zuständigen Jagdpächter. Wenn das Wildtier so schwer verletzt worden ist, dass es von seinem Leiden erlöst werden muss, geschieht dies meist durch den Jäger. Dieser kümmert sich auch um die Entsorgung des Tierkadavers. Denn er gilt als „Sondermüll“ und kommt in eine Tierkadaverbeseitigungsanstalt.

Was viele nicht wissen: bei einem Wildunfall ist man verpflichtet, sofort die Polizei oder dem Jagdpächter zu verständigen. Sonst droht ein Bußgeld. Wird ein Reh oder Wildschwein ohne eine Meldung zurückgelassen, begehen Betroffene einen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz. Denn, ist das Tier schwer verletzt und nicht gleich tot, leidet es qualvoll. Nehmen Autofahrer das tote oder verletzte Tier mit, führt dies zum Tatbestand der Wilderei, was eine Strafanzeige zur Folge haben kann.

Was tun bei Eichhörnchen oder Igel?

Bei größeren Tieren ist der Fall klar: Hier ist die Polizei zu informieren. Und zwar unverzüglich. Doch wie verhält man sich bei kleineren Wildtieren? Marion Gensler vom Nabu Böblingen-Sindelfingen sagt:„Eichhörnchen und Igel sind das ganze Jahr vom Straßenverkehr bedroht. Findet man ein verletztes Eichhörnchen am Fahrbahnrand, kann man entweder bei der Eichhörnchenhilfe anrufen und nachfragen, was zu tun ist, oder man wendet sich an einen wildtierkundigen Veterinär“, erklärt die Fachbeauftragte für Wildtiere. Oft wüssten Wildtierauffangstationen Rat, welcher Veterinär in Frage kommt. Wird das verletzte Tier in einer Praxis versorgt, so kann der Tierarzt dem Finder die Behandlungskosten in Rechnung stellen. Denn Tierärzte sind nicht dazu verpflichtet, Wildtiere kostenlos zu behandeln. Es empfiehlt sich daher, die Kostenübernahme vorab zu klären.

Dass die kleinen Wildtiere bei einer vermeintlichen Kollision mit einem Auto immer sofort tot seien, kann Marion Gensler nicht bestätigen. „Erst kürzlich ist ein Eichhörnchen am Fahrbahnrand von einem Passanten gefunden worden. Es stellte sich heraus, dass es einfach einen Schock hatte. Auf einer Eichhörnchen-Pflegestation konnte es sich nun erholen, ehe es wieder in die Freiheit entlassen wurde.“

So viele Rehe sterben jährlich auf den Straßen im Kreis

Wildunfälle
Durchschnittlich sterben rund 450 überfahrene Wildtiere im Sinne des Jagd- und Wildtiermanagementgesetzes pro Jagdjahr (vom 1. April bis zum 30. März des Folgejahres) auf den Straßen im Kreis Böblingen. In diesem Jahr sind seit April 53 Wildunfälle gemeldet worden.

Rehe
Bei mehr als der Hälfte der betroffenen Wildtiere handelt es sich um Rehe (rund 250). Danach kommen die Füchse mit rund 75 Stück pro Jahr, dann folgen Hasen, Wildschweine und Dachse mit jeweils circa 30 Stück und Marder mit rund 20 Tieren pro Jahr.

Vortrag
Marion Gensler, die Wildtierbeauftragte des Nabu Böblingen-Sindelfingen, hält am Donnerstag, 15. Januar 2026, in Böblingen einen Vortrag zum Thema „Wildtiernotfall, was tun?“. Ort und Uhrzeit stehen noch nicht fest und werden noch bekannt gegeben.

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