Der künftige Oberbürgermeister von Stuttgart heißt Fritz Kuhn. Die CDU in der Landeshauptstadt hat gekämpft, zum Schluss mit einer sehr offensiven Kampagne, aber schließlich musste die Union nach 38 Jahren das Stuttgarter Rathaus räumen. Wie bewerten die lokalen CDU-Vertreter diese Misere?

Kreis Böblingen – Der künftige Oberbürgermeister von Stuttgart heißt Fritz Kuhn. Die CDU in der Landeshauptstadt hat gekämpft, zum Schluss mit einer sehr offensiven Kampagne, aber schließlich musste die Union nach 38 Jahren das Stuttgarter Rathaus räumen. Für die CDU in Baden-Württemberg ist es nicht die erste große Schlappe in den vergangenen Jahren – schließlich sitzt mittlerweile auch ein grüner Ministerpräsident in der Villa Reitzenstein.

 

Damit ist die einstmals uneinnehmbare schwarze Hochburg im Südwesten von den Grünen erstürmt worden. Grund genug, nach den Ursachen für die Misere zu suchen. Wie bewerten CDU-Abgeordnete und die Basis in und um Leonberg die Lage der Partei im Land? Fehlt es den Konservativen an Köpfen? Und: erreichen sie überhaupt noch alle bürgerlichen Wähler?

„Man muss unumwunden sagen, dass die Stuttgarter OB-Wahl für die CDU eine Niederlage ist“, sagt der Parteivorsitzende im Kreis Böblingen, Wolfgang Heubach. Die Ursachen müsse die Stuttgarter CDU allerdings selbst klären. Es sei jedoch eine Sachlage, die über Stuttgart hinaus wirke. Und daher ist es Fakt für Heubach, dass auch auf Landesebene einiges verbesserungswürdig sei. „Da ist seit Jahrzehnten nichts passiert, und bis vor einem Jahr hat keiner daran gedacht, dass da jemals etwas passieren kann“, sagt er. Doch diese Veränderungen seien ja schließlich auch das Schöne an der Demokratie.

Auch der CDU-Kreis- und Regionalrat sowie ehemalige Erste Leonberger Bürgermeister Helmut Noë hat die OB-Wahlen verfolgt. „Die Grünen und die SPD waren sich einig“, sagt er, „so war für die CDU keine Mehrheit zu erzielen.“ Das sei bei den Wahlen in der Vergangenheit anders gewesen, davon habe Kuhns Vorgänger Wolfgang Schuster profitiert. An Charakterköpfen fehle es in seinen Augen zwar nicht, weder auf Stadt- noch auf Landesebene. Aber: „Es ist klar, dass die Stuttgarter CDU ihre Konsequenzen ziehen muss“, so Noë. Auch wenn man das hinterher immer leicht sagen könne. Schweren Herzens akzeptiert auch Viktoria Schmid die Entscheidung der Bürger aus der Landeshauptstadt – „wenn auch mit Enttäuschung“, wie die Landtagsabgeordnete für den Wahlkreis Enz anfügt. „Dennoch braucht sich die CDU keineswegs verstecken“, fährt Schmid fort. Es seien immerhin in den vergangenen Wochen und Monaten wichtige Oberbürgermeisterwahlen in Donaueschingen, Biberach und Konstanz gewonnen worden. Eine Diskussion über Führungspersonal sei daher nicht notwendig.

Das sieht Clemens Binninger etwas anders. „Wir sind in Baden-Württemberg in einem Prozess der Neuorientierung“, betont der Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis Böblingen. „Wir müssen uns dabei an den Bedürfnissen und Sorgen der Menschen orientieren, auch neue Köpfe aufbauen“, sagt er. Das alles benötige indes seine Zeit. „Es ist wichtig, dass wir nichts überstürzen, sondern in Ruhe analysieren und aus den Analysen die Lehren für die Zukunft ziehen.“

Binninger warnt vor Panikmache. „Man darf das alles nicht überbewerten“, sagt er. „Wir haben bei den Landtagswahlen die meisten Wahlkreise gewonnen, und bei der OB-Wahl ging es auch nur um vier Prozent hin oder her.“ Wichtig sei, sich nicht zu verrennen – und sich zu fragen, warum mancher einst treue CDU-Wähler sein Kreuzchen nun bei anderen Parteien mache.

Peter Weiß, der Fraktionsvorsitzende der CDU im Renninger Gemeinderat, setzt sich für politisches Fair-Play ein. „Herr Kuhn erscheint mir als gemäßigter Politiker“, sagt er. „Schauen wir, wie er sich schlägt.“ Und auch die grün-rote Landesregierung habe eine Chance verdient, sich zu beweisen. „Aber natürlich wäre es mir lieber gewesen, wenn Herr Turner gewonnen hätte und die Landesregierung weiter schwarz-gelb wäre“, sagt Weiß. „Zumal sich Entscheidungen in Stuttgart auch auf die Kommunen in der Region auswirken“, ergänzt er und nennt als großes Stichwert die Verkehrspolitik.

Insgesamt falle es der CDU im Land mittlerweile schwerer, bürgerliche Wähler zu erreichen, so Weiß. „Ich kann mir das nicht erklären, wir haben doch so viel nicht falsch gemacht“, ergänzt der Renninger und weist auf die positive Wirtschaftsentwicklung hin. „Und für den Kreis Böblingen kann ich sagen, dass unsere CDU-Abgeordneten sehr gute Arbeit leisten.“