Der Landkreis will Arztpraxen entlasten und installiert in Herrenberg ein Testzentrum, um Patienten auf das Coronavirus zu prüfen. Getestet werden nur Menschen, die dazu aufgefordert sind. Ohne Termin kommt niemand dran.

Herrenberg - Sechs schmucklose Container reihen sich auf einer parkplatzgroßen Asphaltfläche, umzäunt von einem Metallgitter und einem elektrisch verschließbaren Tor. So sieht es aus, das erste Testzentrum für Coronavirus-Erkrankte in Baden-Württemberg, aufgestellt am Montag ganz am Rande der Stadt Herrenberg, auf dem Gelände der Straßenmeisterei. Hier sollen nun Menschen mit Verdacht auf das Coronavirus von Ärzten untersucht werden. „Wir wollen dadurch die Arztpraxen schützen und die Verbreitung des Coronavirus vermeiden“, sagte am Dienstag der Landrat Roland Bernhard bei der Vorstellung des Zentrums.

 

Um das zu ermöglichen, hat der Landkreis einen Plan aufgestellt, wie mit Verdachtsfällen umgegangen werden soll. Menschen, die glauben, dass sie sich mit dem Virus infiziert haben, sollen zunächst eine Notfallnummer wählen und klären, ob sie zur Risikogruppe gehören: Verwaltungsmitarbeiter fragen sie, welche Krankheitssymptome sie aufweisen, wo sie sich zuletzt aufhielten, mit wem sie Kontakt hatten. Die Daten werden durch Ärzte überprüft, bei einem Verdachtsfall rufen sie die Patienten zurück und vereinbaren mit ihnen einen Termin im Herrenberger Testzentrum. Ohne einen Termin werde niemand in der Einrichtung überprüft, betont Bernhard. „Sonst wird das Testzentrum überflutet.“

Blutproben und Abstriche

Am Dienstagabend werden die ersten 20 Patienten überprüft, sie hatten sich seit dem Wochenende unter der Notfallnummer gemeldet. Insgesamt seien deutlich mehr als 100 Anrufe eingegangen, so das Landratsamt, 55 Personen wollen die Ärzte in den kommenden Tagen überprüfen, so der Stand am Dienstagnachmittag.

Ein Arzt, zwei Sanitäter sowie zwei Freiwillige des Roten Kreuzes führen die Tests durch. Im Wesentlichen entnehmen die Mediziner den Patienten eine Blutprobe und erstellen einen Abstrich aus dem Mundbereich mit einem Wattestäbchen. Laboranten im Sindelfinger Klinikum analysieren anschließend die Proben und teilen die Ergebnisse bis zum Mittag des folgenden Tages den Ärzten und dem Patienten mit.

„Wir wollen, dass es möglichst kontrolliert abläuft“, sagte der Vorsitzende der Kreisärzteschaft, Joachim Rühle. Wenn sich der Virusverdacht bestätigt, soll der Patient in die Quarantäne. Wenn sich sein Zustand arg verschlechtert, wird er in das Böblinger Krankenhaus eingewiesen. Dort stehen seit Dienstag zehn Betten in einer Isolierstation bereit. Denn das Landratsamt hat beschlossen, die Corona-Notfälle, also Menschen mit schweren Virussymptomen, zentral in Sindelfingen unterzubringen. Über solche Fragen entscheidet seit einigen Tagen ein eingerichteter Corona-Krisenstab mit Experten aus der Medizin und Verwaltung. „Ich bin überrascht, wie reibungslos die Organisation funktioniert hat“, sagte Bernhard.

„Müssen mit weiteren Ansteckungen rechnen“

Naturgemäß liegt das an der bisher niedrigen Zahl an Infizierten im Landkreis. Bislang gibt es einen bestätigten Fall in Steinenbronn, dazu 15 Verdachtsfälle, bei denen die Untersuchungsergebnisse noch ausstehen. „Wir müssen damit rechnen, dass weitere Ansteckungen kommen“, sagte der Arzt Rühle. Bis zu 30 Fälle können am Herrenberger Testzentrum am Tag untersucht werden. Sollte das nicht ausreichen, stünde ein zusätzliches Testzentrum in Sindelfingen, am Rande der Laborgemeinschaft, bereit.

Dem Landratsamt zufolge sollen in Kürze auch andere Kreise in Baden-Württemberg nachziehen und ähnliche zentrale Testzentren errichten. Ob dabei allerdings eine mobile Station oder ein Container fernab von Schwerkranken einer Klinik installiert werde, sei jedem Kreis selbst überlassen. Eine landesweite Organisation gebe es nicht, so ein Sprecher im Landratsamt. „Ich hoffe, wir übertreiben mit unseren Maßnahmen“, sagte der Landrat Bernhard. Im besten Fall sind die Container in Herrenberg und der Coronavirus schon bald Geschichte.