Ein Mitarbeiter der Dorfgemeinschaft Tennental zeigt sich an. Noch gibt es keine Hinweise auf Opfer.

Deckenpfronn - Dieser Fall schlägt Wellen und wird die Ermittlungsbehörden noch lange beschäftigen: Ein ehemaliger Mitarbeiter der Dorfgemeinschaft Tennental in Deckenpfronn hat sich vergangene Woche selbst angezeigt. Er gab an, sich an acht Frauen vergangen zu haben. Um welche Art des sexuellen Übergriffs es sich dabei gehandelt haben könnte, ist unklar. Auch die angeblichen Opfer hat die Polizei noch nicht gefunden.

 

Der Missbrauch soll über mehrere Jahre hinweg bis 2019 stattgefunden haben. In diesem Zeitraum war der heute 29 Jahre alte Heilerziehungspfleger offenbar immer wieder als Aushilfskraft im Tennental beschäftigt. Allerdings: Es liegen bislang weder Anzeigen von Opfern noch Hinweise von deren Familienangehörigen vor. Auch die Arbeitskollegen haben laut Auskunft der Dorfgemeinschaft nichts von den angeblichen Übergriffen bemerkt.

Der Polizeisprecher Peter Widenhorn gibt auf Nachfrage unserer Zeitung zu verstehen, dass die Ermittlung nun bei der Kripo Böblingen liegt. Der Mann habe sich zunächst bei der Polizei angezeigt und sich daraufhin auch umgehend bei der Heimleitung im Tennental der sexuellen Übergriffe bezichtigt. Die Heimleitung wiederum habe unverzüglich reagiert und das Landratsamt als zuständige Aufsichtsbehörde hinzugezogen.

Ermittlungen im Anfangsstadium

Die Ermittlungen befinden sich „im Anfangsstadium“, sagt Widenhorn. Und die Aufklärung der Sachverhalte dürfte „geraume Zeit“ in Anspruch nehmen. Einerseits habe man es mit geistig behinderten Menschen zu tun, andererseits liegen die Fälle teilweise lange zurück. „Wir müssen erst einmal die Opfer identifizieren, auseinander klamüsern, wer sich in den fraglichen Zeiten tatsächlich vor Ort aufgehalten hat und wo die Betroffenen jetzt zu finden sind.“

Zur Stunde sei es schwer zu sagen, ob sich da „überhaupt ein Nachweis führen“ lasse – zumal bis dato auch von Familienangehörigen keinerlei Hinweise aktenkundig sind.

„Uns in der Einrichtung lagen bisher keine Beobachtungen und keine Beweise zu den von der Person behaupteten Übergriffen vor“, lässt der Vorstand der Dorfgemeinschaft Tennental, Matthias Hacker, in einer Presseerklärung mitteilen. „In den 29 Jahren der Geschichte unserer Dorfgemeinschaft ist zudem nie ein solcher Übergriff von Betreuenden auf unsere Klienten bestätigt worden.“

Um den Wahrheitsgehalt der behaupteten Vorkommnisse zu prüfen, werde die Polizei mutmaßlich Betroffene in der nächsten Woche unter psychologischer Begleitung befragen, heißt es in     der Presseerklärung des Tennentals.

Hat er ein schlechtes Gewissen?

Dass es sich um einen bloßen Akt der Selbstdarstellung handeln könnte ohne tatsächliche Vorkommnisse, hält Widenhorn allerdings für „eher unwahrscheinlich“. Das sei prinzipiell zwar möglich. „Aber meiner Meinung nach plagt da eher jemanden das schlechte Gewissen. Da will einer reinen Tisch machen.“

Das Böblinger Landratsamt als zuständige Aufsichtsbehörde für Heime aller Art im Kreis nimmt die Sache „sehr ernst“. Die Heimleitung in Person von Matthias Hacker habe transparent und schnell agiert, sagt Pressesprecher Benjamin Lutsch. Man werde jetzt erst einmal die Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft abwarten. „Bei der Aufklärung und Prävention von sexueller Gewalt helfen wir gerne“, betont Lutsch: „Wir sind mit der Beratungsstelle Thamar am Start und bieten Informationen und Hilfe an, wo immer sie gewünscht wird.“

Auch die Dorfgemeinschaft Tennental hat psychologische Fachkräfte eingeschaltet. Zudem wurde dem Heilerziehungspfleger, der sich auf freiem Fuß befindet, ein Hausverbot erteilt.