Sieben Asylunterkünfte öffnen ihre Türen für Besucher. Viele Bürger nutzen die Chance für einen Blick in die Heime – und sind angenehm überrascht. Die Asylfrage war auch Thema eines Flüchtlingsgipfels im Kreis.

Böblingen/Sindelfingen - Hunderte Bürger haben am Sonntag die Flüchtlingsheime im Kreis gestürmt. Und sie wurden von den Bewohnern mit offenen Armen, Kaffee, Tee und Kuchen empfangen. Sieben der momentan 21 Asylunterkünfte im Kreis konnten besucht werden. Und dies nutzen auch viele Bürger, die bisher nur aus dem Fernsehen über die Zustände in Flüchtlingsheimen gehört hatten.

 

„Wie sind angenehm angetan, wie gut das hier alles organisiert ist“, sagte Ulrike Nau, die gemeinsam mit ihrem Mann einen Besuch in der Böblinger Unterkunft in der Sindelfinger Straße machte. Die Rentnerin kennt einige der Bewohner des Heims durch den Konversationskurs ihrer Kirchengemeinde. „Meine eritreischen Mädels haben mich gleich in ihr Zimmer eingeladen“, freute sich Nau. Auch für viele Flüchtlinge bedeutet der Besuchstag eine Abwechslung im oft langweileeigen Alltag. Nicht nur die Kinder genossen sichtlich den Umtrieb. „Es ist schön, wenn die Leute zu uns kommen“, sagte die 19 Jahre alte Aischa aus Gambia, die gemeinsam mit ihrer sieben Monate alten Tochter ein Zimmer bewohnt.

Voll waren auch die Heime in Sindelfingen, Leonberg und Renningen am Besuchstag. „Und die Resonanz der Leute ist sehr positiv“, berichtete Beata Zelezik-Rebmann, die Ehernamtskoordinatorin des Kreises. Damit war das Ziel dieses Aktionstags erreicht. Die meisten Menschen hätten die Bilder in den Medien über schlimme Verhältnisse in staatlichen Unterkünften“ im Kopf, meinte der Landrat Roland Bernhard, als er einlud. „In unserem Kreis läuft es völlig anders. Das wollen wir der Bevölkerung auch zeigen.“

Mehr als 250 Helfer beim Flüchtlingsgipfel

Bereits am Samstag hatten sich in der Sindelfinger Gottlieb-Daimler-Schule mehr als 250 Helfer aus der Flüchtlingsszene zu einem Flüchtlingsgipfel getroffen. Während sich auf Europa- und auf Bundesebene die Politiker darüber streiten, ob und wie man den Strom der Flüchtlinge abwehren kann, geht man im Kreis Böblingen die aktuelle Krisensituation pragmatisch an. Praktische Fragen zu Sprachvermittlung und Berufseinstieg standen im Mittelpunkt der Veranstaltung.

„Es geht nicht um die Frage, ob wir das schaffen oder nicht, sondern darum, wie können wir es schaffen“, brachte der Böblinger Landrat Roland Bernhard die Meinung der Kreisverwaltung sowie der meisten Teilnehmer des Gipfels auf den Punkt. Unterstützung erhält Bernhard dabei auch von vielen Kreisräten. Etliche von ihnen – quer durch alle Fraktionen – nahmen am Gipfel teil. „Der Landrat hat das Thema wirklich zu seiner Herzensangelegenheit gemacht“, meinte Roland Mundle, der Fraktionschef der Grünen.

Eine zentrale Frage der Veranstaltung war, wie die Zusammenarbeit zwischen den hauptamtlichen Betreuern und den Freiwilligen intensiviert und besser koordiniert werden kann. „Die Ehrenamtlichen entlasten uns sehr“, sagte Jörg Hamm, Leiter des Flüchtlingswohnheims in der Rappenbaumschule in Sindelfingen. Gefragt ist die Unterstützung besonders in Situationen wie im Moment, in der Hamm auch noch für zwei Einrichtungen in Aidlingen und Deufringen zuständig ist.

Seine Erfahrung: „Man muss die Ehrenamtlichen auch mal machen lassen. Sie müssen selbst ausprobieren, was funktioniert, was nicht.“ Kathrin Schmitt vom AK Sindelfingen engagiert sich im Asyl-Café im Jugendhaus und ist für die Spendenkoordination zuständig. Dabei arbeite sie eng mit den Sozialbetreuern zusammen, sagt sie. Schließlich wüssten diese, was die Menschen in den Unterkünften gerade brauchen. Zuletzt organisierte Schmitt 150 Schulranzen für Flüchtlingskinder.