Fast ein ganzes Jahr lang wurde verhandelt. Wer soll vom Jahr 2019 an, wenn alle Buslinien europaweit ausgeschrieben werden müssen, für die Verbindungen zahlen? Nun haben sich das Landratsamt und die Bürgermeister auf einen Kompromiss geeinigt.

Kreis Böblingen - Fast ein ganzes Jahr lang wurde verhandelt. Wer soll vom Jahr 2019 an, wenn alle Buslinien europaweit ausgeschrieben werden müssen, für die Verbindungen zahlen? Der ursprüngliche Plan des Landratsamtes, nur noch eine „Basisversorgung“ zu finanzieren, ist weitgehend ad acta gelegt. Nur bei vier Linien kommt dieser Sparkurs, alle anderen werden weiterhin bezahlt. Änderungen gibt es allerdings bei den Stadtverkehren.

 

Aber der Reihe nach. Als im April vergangenen Jahres der Landkreis den neuen Nahverkehrs-Plan präsentiert hat, war von einem großen Streichkonzert die Rede. Das Landratsamt wollte ordentlich sparen. In vielen Kommunen wie Leonberg, Weil der Stadt oder Sindelfingen waren plötzlich mehrere 100 000 Euro zusätzliche Kosten im Spiel – nur um den Status quo aufrecht zu erhalten. Die Alternative wäre gewesen, Linien ganz zu streichen, oder den Takt deutlich auszudünnen.

Damit begann ein zähes Ringen hinter den Kulissen, noch im Dezember hat der CDU-Fraktionschef Helmut Noë das Thema im Kreistag vertagen lassen. Erst ein Treffen am 26. Januar von Landrat Roland Bernhard mit den vier Oberbürgermeistern soll den Durchbruch gebracht haben.

Nun gilt folgender Kompromiss: Der Kreis bezahlt weiterhin 100 Prozent der Buslinien, mit vier Ausnahmen: die Linie 636 von Renningen bis Weissach, die Linie 637 Stadtverkehr Renningen, die Linie 734 Sindelfingen-Goldberg bis Schönaich und der Gerlinger Stadtbus 635 von Leonberg bis nach Gerlingen-Breitwiesen.

Bei den Stadtverkehren in Leonberg, Böblingen/Sindelfingen und Herrenberg finanziert der Kreis hingegen nur die Basisversorgung, bei zusätzlichen Angeboten die Hälfte. In Leonberg kann man mit diesem Kompromiss sehr gut leben: „Für uns könnte das sogar Vorteile bringen“, sagt der Erste Bürgermeister Ulrich Vonderheid (CDU) dazu. Nur die Linien nach Warmbronn und Höfingen gelten als echter Stadtverkehr – die anderen fahren quer durch das Stadtgebiet, und werden künftig ganz vom Kreis gezahlt, so seine Hoffnung.

Anders sieht es in Böblingen und Sindelfingen aus, wo es mehr innerstädtische Linien gibt. Aber auch hier hält sich die Aufregung in Grenzen. „Wir prüfen noch, welche Auswirkungen das hat“, erklärt Nadja Atwaa, die Sindelfinger Pressesprecherin. Und Ulrich Schwarz, der Erste Bürgermeister von Böblingen, erklärt: „Wir sehen es positiv, weil wir mehr Spielräume haben.“ Er rechnet zwar mit Mehrkosten, aber langfristig auch mit mehr Einnahmen. Ein paar offene Fragen gibt es allerdings noch.

So kämpft etwa Weil der Stadt weiterhin für die „Daimlerlinie“ 665 zum Sindelfinger Werkstor, auch weil diese die Ortsteile Hausen und Münklingen anbindet. Und im Kreistag wollte die CDU die Buslinie 752 von Holzgerlingen nach Ehningen nach Aidlingen verlängern – was im Verkehrsausschuss des Kreistages aber keine Mehrheit fand. „Wir haben einen Standard für alle gefunden, den sollten wir jetzt nicht in Einzelfällen durchbrechen“, mahnte auch der Landrat Roland Bernhard.

Manchen Kreisräte hatten indes Bedenken, der Kompromiss könnte den Kommunen zu weit entgegenkommen. „Ich hatte schon meine Zweifel“, sagte etwa Peter Pfitzenmaier (SPD), „aber die Lösung jetzt ist ausgewogen.“ Der Weiler Bürgermeister Thilo Schreiber (Freie Wähler) fragte: „Wie gehen wir damit um, wenn jetzt viele neue Wünsche aufkommen, die wir zu 50 Prozent finanzieren müssen?“ Doch richtig widersprechen wollte dem so mühsam gefundenen Kompromiss niemand.

Allerdings gibt es noch eine Regelung, die mancher Buslinie noch Probleme bereiten könnte: Mindestens fünf bis zehn Fahrgäste müssen im Schnitt im Bus sitzen, sonst zahlt der Kreis nichts mehr. Der Gäufeldener Bürgermeister Johannes Buchter (Freie Wähler) verwies darauf, dass es jetzt sehr schwierig werden könnte, neue Buslinien zu etablieren. „Ich habe das selbst als Bürgermeister erlebt“, erklärte er. Die Fahrgastzählung habe sehr kurzfristig ergeben, dass eine geplante Linie zu wenig Kunden habe – und schon war die Finanzierung geplatzt. „Wir sind auf den den Kosten sitzen geblieben“, kritisierte Buchter,

Im Detail wird also noch einiges zu klären sein. Und die neue Regelung gilt erst von 2019 an – bis dahin ist noch viel Zeit.