Von Januar an will der Landkreis auch mit Altkleidern Geld verdienen. Auf „mindestens 100 000 Euro – vorsichtig gerechnet“ schätzt Wolfgang Bagin, der Werkleiter des Abfallwirtschaftsbetriebs, die jährlichen Einnahmen für den Kreis.

Kreis Böblingen - Von Januar an will der Landkreis auch mit Altkleidern Geld verdienen. Auf „mindestens 100 000 Euro – vorsichtig gerechnet“ schätzt Wolfgang Bagin, der Werkleiter des Abfallwirtschaftsbetriebs, die jährlichen Einnahmen für den Kreis. Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) ist darüber wenig erfreut. Denn bisher ist die soziale Organisation der Hauptsammler von gebrauchten Textilien im Landkreis. 80 Container stehen auf den Wertstoffhöfen sowie bei den DRK-Vereinsheimen. Im Schnitt 82 000 Euro Gewinn habe das DRK in den vergangenen Jahren mit dem Verkauf der Textilien gemacht, sagt Michael Steindorfner, der Präsident des Kreisverbands.

 

Dieses Geld brauche der Sozialverband dringend für seine Arbeit, schreibt Steindorfner in einem Brief an den Landrat Roland Bernhard. Denn der möchte nicht nur 150 kreiseigene Container aufstellen, sondern zusätzlich vom Roten Kreuz die Container mieten – für 250 Euro pro Jahr und Stück. 20 500 Euro würde der Abfallwirtschaftsbetrieb dem DRK dann jährlich überweisen „Dieser Betrag entspricht gerade einmal einem Viertel der Einnahmen, die wir nach unseren Recherchen in den letzten Jahren erzielt haben“ , erklärt Steindorfner und erinnert an das Versprechen der Kreisverwaltung in der Sitzung des Umweltausschusses am 1. Oktober: Den karitativ tätigen Verbänden im Kreis dürften durch die Neureglung der Altkleidersammlungen keine finanziellen Nachteile entstehen.

Das Rote Kreuz fürchtet um Einnahmen

Finanzielle Einbußen seien für das Rote Kreuz auch ohne Zutun des Kreises unvermeidlich, argumentiert Wolf Eisenmann, der Vize-Landrat und Chef des Abfallwirtschaftsbetriebs, hingegen heute. Denn überall nähme die Zahl der wild aufgestellten Container gewerblicher Sammler zu.

Die Kreisverwaltung möchte gerade diesen Wildwuchs stoppen. Das kann sie nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz aber nur, wenn der Kreis offiziell die Alttextilien einsammelt. Dann kann er die gewerblichen Sammlungen verbieten. Den karitativen Organisationen wird aber ein anderer Status zugestanden. So sollen diese auch künftig Genehmigungen für Sondersammlungen erhalten, wenn die Kleidung an Bedürftige geht. Das Rote Kreuz sammelt regelmäßig für Menschen in Katastrophengebieten wie nach dem Erdbeben in der Türkei. Ein Teil der Kleidung aus den Containern kommt auch Bedürftigen im Kreis zu Gute. In vier Kleiderläden werden gebrauchte Textilien günstig verkauft. Einen vollen Ersatz für den entgangenen Erlös könne der Landkreis nicht zahlen, sagt Eisenmann: „Als Abfallwirtschaftsbetrieb der hoheitlich wirtschaftet, können wir nur Leistungen vergüten, die das DRK für uns erbringt.“ Er fordert die Rotkreuzler auf, kreativ zu sein und Lösungen anzubieten.

Dabei zieht er Parallelen zum Geschäft mit dem Altpapier, in das der Landkreis vor vier Jahren eingestiegen ist. Die Vereine, die bis dato das Papier gesammelt und verkauft hatten, erhalten Ersatz: Sie sammeln weiter das Papier ein und werden dafür vom Kreis entlohnt. Dieses Geld wird in die Vereinsarbeit gesteckt. „So etwas mag für einen Musikverein passen, aber nicht für uns“, weist der DRK-Präsident Steindorfner das Ansinnen Eisenmanns zurück. Die 2500 Ehrenamtlichen im Kreis seien auch so schon ständig im Einsatz: als Sanitäter bei Straßenfesten und Weihnachtsmärkten, in den vier Kleiderkammern, bei Mittagstischen für Senioren und vielem mehr. Ein weiterer Einsatz als Kleidersortierer komme nicht in Frage.

Die Fronten sind verhärtet. Bis Weihnachten müssen die Kontrahenten sich einigen: Denn bereits vom 1. Januar an will der Kreis das Altkleidergeschäft übernehmen. Einen rechtlichen Anspruch auf eine angemessene Entschädigung habe das Rote Kreuz nicht, sagt Steindorfner. Einen moralischen sieht er wohl: „Wenn der Kreis auch unsere sozialen Aufgaben übernimmt, kann er das Geld aus dem Altkleider-Geschäft gerne behalten.“