Wer im nächsten Jahr den Müllgebührenbescheid vom Landratsamt bekommt, dürfte erst mal die Stirn runzeln. Denn die Otto-Normalfamilie in Leonberg oder Renningen muss dann künftig 161 statt 147 Euro pro Jahr zahlen, das sind zwölf Prozent mehr.

Kreis Böblingen - Wer im nächsten Jahr den Müllgebührenbescheid vom Landratsamt bekommt, dürfte erst mal die Stirn runzeln. Denn die Otto-Normalfamilie in Leonberg oder Renningen muss dann künftig 161 statt 147 Euro pro Jahr zahlen, das sind zwölf Prozent mehr als noch in diesem Jahr. Auch die Biotonne wird um acht Prozent teurer. Dies alles hat der Kreistag am Montag bereits beschlossen, gegen die Kritik von Grünen und FDP. „Damit können die Gebühren bis 2018 stabil bleiben“, verspricht der Vize-Landrat Wolf Eisenmann, „wenn nichts mehr dazwischenkommt.“ Anstatt das Entgelt für die Müllabfuhr mehrere Jahre nacheinander anzuheben, habe man sich für einen „großen Schnitt“ entschieden.

 

Aber warum müssen die Gebühren steigen, wo doch der Abfallwirtschaftsbetrieb 70 Millionen Euro an Rücklagen auf der hohen Kante hat? Eisenmann winkt auf Nachfrage dieser Zeitung ab: „Das sind zweckgebundene Mittel für die Nachsorge der Deponien.“ Gemeint sind die ehemaligen kreiseigenen Mülllager, die nach dem Zweiten Weltkrieg angelegt worden waren. Durch das Böblinger Restmüll-Heizkraftwerk sind sie überflüssig und wurden stillgelegt. Doch die Nachsorge kostet Geld.

Die Böblinger Deponie ist schon für zehn Millionen Euro saniert, Sindelfingen kommt 2013 dran, und von 2017 an Leonberg. „Das Geld wurde für die Sanierung angelegt“, sagt Eisenmann, „ich habe dafür damals viel Prügel eingesteckt.“ Jetzt könne man die ehemaligen Müllablagerstätten rekultivieren, ohne Schulden aufzunehmen.

70 Millionen auf der hohen Kante

Aber warum müssen die Bürger dann mehr zahlen? Eisenmann verweist darauf, dass der Landkreis weniger Erlöse für Wertstoffe erzielt habe. Statt fünf Millionen habe es nur vier Millionen Euro gegeben. Weiterhin seien die Zinsen für das angelegte Geld im Keller, dadurch fehle eine halbe Million, und so weiter. „Wir könnten schon ein Jahr überbrücken“, sagt der Landrat-Stellvertreter, „aber dann müssten wir später erhöhen.“ Er verweist darauf, dass seit 1994 die Gebühren nicht erhöht wurden, also 19 Jahre lang, ohne Inflationsausgleich.

Dennoch stößt dieser Schritt auf Widerstand. Im Kreistag haben Grüne und FDP protestiert. Sie wollten statt eines großen Aufschlages von bis zu zwölf Prozent eine moderatere Anpassung. „Die Kalkulation der Verwaltung ist für uns nicht ganz plausibel“, sagt der grüne Fraktionschef Roland Mundle. Er schlug im Kreistag wie seine FDP-Kollegin Heiderose Berroth vor, die Grundgebühr stabil zu lassen und nur den Preis für die einzelne Leerung anzuheben. „Viele brauchen gar nicht so viele Abfuhren“, argumentierte Berroth.

Grüne und FDP wollen weniger Anstieg

Zudem regten beide Fraktionen an, mit einer moderaten Steigerung erst mal das aktuelle Finanzproblem zu lösen, und dann in ein paar Jahren noch mal zu prüfen, ob weitere Aufschläge nötig seien. Die FDP-Politikerin und ehemalige Landtagsabgeordnete Berroth kritisierte zudem, dass nicht ausreichend im Kreistag beraten worden sei: „Solche Entscheidungen, die alle Kreisbürger betreffen, bedürften mehr ausführliche Diskussion“, sagte sie.

Doch die Mehrheit im Kreistag war längst im Vorfeld abgeklopft. Eisenmann hatte sich mit den Chefs von Freien Wählern, CDU und SPD abgestimmt, die hatten dafür plädiert, lieber einmal ordentlich zuzulangen als mehrfach in kleinen Schritten. Dementsprechend klar ihre Statements. „Wir stimmen der Erhöhung zu“, sagte Helmut Noë (CDU). Für die SPD-Fraktion erklärte Tobias Brenner: „Natürlich hätten wir es gerne gesehen, wenn sie Gebühr stabil geblieben wäre. Aber wir tragen sie mit.“ Der mächtige FWV-Fraktionschef Wilfried Dölker lehnte den Vorstoß der kleinen Parteien ab: „Wenn nur die Einzelleerung teuer wird, ist die Gebührengerechtigkeit gefährdet.“ Nur zwölf Kreisräte folgten Grünen und FDP, der Rest stimmte für Eisenmanns Antrag.