Die polizeiliche Statistik für das vergangene Jahr zeigt, dass im Kreis Esslingen deutlich weniger Straftaten begangen werden als im Landesdurchschnitt. Die Zahl der ausländischen Tatverdächtigen indes ist laut der Ordnungshüter „sprunghaft angestiegen“.

Kreis Esslingen - Als Chef des Polizeipräsidiums Reutlingen blickt Hans-Dieter Wagner zufrieden auf das vergangene Jahr zurück. Denn die Zahlen, die sich zur Kriminalstatistik in den drei Landkreisen Esslingen, Reutlingen und Tübingen fügen, zeugten von einer „deutlich entspannten Sicherheitslage“, erklärte Wagner in einem Pressegespräch. Denn 4623 Straftaten pro 100 000 Einwohner etwa im Landkreis Esslingen liegen deutlich unter dem landesweiten Durchschnitt (5761).

 

Doch obwohl die Fallzahlen von Gewalt- und Straßenkriminalität stagnierten oder zurück gingen, sei die Bewertung in weiten Teilen der Bevölkerung eine andere. Die Polizei registriere ein zunehmend beeinträchtigtes Sicherheitsgefühl. Dies sei bedingt durch die berührende und weite Kreise ziehende Wirkung von Wohnungseinbrüchen und die gefühlte Verunsicherung und Verängstigung durch den Zuzug von Flüchtlingen. Daran „müssen wir unsere Arbeit mehr ausrichten als an unseren statistischen Zahlen, sagt Wagner, der die Polizeipräsenz „sichtbarer“ machen will.

178 Verstöße gegen das Aufenthalts- und Asylverfahrensgesetz

Dass die zunehmende Zahl von Flüchtlingen die Fallzahlen insgesamt stark hat ansteigen lassen, gibt Wagner unumwunden zu. Ziehe man die Vergehen wegen illegaler Einreise oder Aufenthalts jedoch ab, sei im Vergleich zu 2014 die Zahl der Straftaten insgesamt zurückgegangen.

Im Kreis Esslingen ist sie von 22 043 auf 21 669 Delikte gesunken, denn 2224 Fälle beträfen gerade diese Delikte, die nur von Ausländern begangen werden können. Gleichwohl sei die Zahl der durch Flüchtlinge begangenen Straftaten – auch bedingt durch den starken Zustrom – deutlich gestiegen: im Kreis Esslingen von 558 Fällen im Jahr 2014 auf 1063, was einer Zunahme um gut 90 Prozent entspricht. Darunter sind unter anderem 178 Verstöße gegen das Aufenthalts- und Asylverfahrensgesetzt registriert worden, 349 Diebstähle und 155 Körperverletzungen. Nur sechs von Asylbewerbern verübte Sexualstraftaten haben die Polizei im Kreis Esslingen beschäftigt. In allen drei Landkreisen liege der Anteil von Flüchtlingen, die der Taten gegen die sexuelle Selbstbestimmung verdächtig waren, – „entgegen weit verbreiteter Gerüchte“ – unter einem Prozent. Auffällig sei, dass Flüchtlinge aus Gambia „massiv“ in den Rauschgifthandel mit Marihuana involviert seien. Zudem nutzten Diebesbanden mit Beteiligung von Georgiern größere Flüchtlingsunterkünfte als Rückzugsorte.

Gewalttaten gegen Polizeibeamte verursachen viele Fehltage

Die Einsätze in Unterkünften wegen Prügeleien von Flüchtlingen untereinander „haben eine Dimension angenommen, die uns stark beschäftigt“, sagt Wagner. Denn die Zeit, in der mehrere Streifenwagen hierfür im Einsatz seien, fehle, um sich anderer Anliegen aus der Bevölkerung anzunehmen. Nach wie vor „belastend“ sei die Entwicklung der Gewalt gegen Polizeibeamte. Im Kreis Esslingen stieg die Zahl um sechs auf 143 Taten an. Er sei „sehr besorgt“, sagt Wagner, wenn Menschen, die anderen helfen, attackiert würden. Abgesehen von der moralischen Verwerflichkeit verursachten diese Delikte Jahr um Jahr eine steigende Zahl von Fehltagen.

Die Zahl der Wohnungseinbrüche ist im Kreis um gut 15 Prozent von 669 auf 567 zurückgegangen. Gleichzeitig ist die Aufklärungsquote leicht gestiegen, „wenngleich rund zehn Prozent kein befriedigendes Ergebnis sind“, wie Reinhard Nething, der Leiter der Kriminalpolizei einräumt. Er könne nach wie vor nur an die Bürger appellieren, Verdächtiges sofort und ohne Vorbehalte der Polizei zu melden, „gerne auch unter der Notrufnummer 110“.

Zahlen aus der Kriminalstatistik des Jahres 2015

Aufklärungsquote
Die Quote der im Kreis Esslingen aufgeklärten Straftaten lag im vergangenen Jahr bei 59,8 Prozent und ist damit im Vergleich zum Vorjahr um mehr als zwei Prozent gestiegen.

Sachbeschädigungen
Die Zahl der Sachbeschädigungen ging im vergangenen Jahr um 450 Fälle von 3161 auf 2711 (14,2 Prozent) zurück.

Tatverdächtige
Gleich um mehr als 45 Prozent hat die Zahl der Kinder unter 14 Jahren zugenommen, die einer Straftat verdächtigt wurden. Die Polizei ermittelte hier in 494 Fällen, im Jahr 2014 waren es nur 340 gewesen.

Personal
Angesichts der zunehmenden Zahl von Aufgaben „haben wir eine angespannte Personalsituation“, sagt der Polizeipräsident Hans-Dieter Wagner. Er freue sich „über jeden Zugang“.