Wer sich vor Unterhaltszahlungen drückt, der riskiert im schlimmsten Fall sogar eine Freiheitsstrafe. Das hat jetzt ein 40-Jähriger erfahren müssen. Für betroffene Kinder springt der Staat in die Bresche.

Kreis Esslingen - Kinder machen ist einfach, aber man muss sich um sie kümmern – was schwieriger ist.“ Diese Einsicht hat der Staatsanwalt am Amtsgericht Nürtingen einem 40-Jährigen ins Stammbuch geschrieben. Der im Landkreis Heilbronn wohnhafte Mann war geladen, weil er seinen Unterhaltspflichten nicht nachgekommen ist. Der jetzt verhandelte Fall ist kein Einzelfall, er steht aber beispielhaft für diese Art von Pflichtverletzung.

 

Der Vater ist arbeitslos und zahlt für seine vier Kinder nicht

Der säumige Vater hat vier Kinder mit drei Frauen. Doch zum Lebensunterhalt des Nachwuchses leistet er keinen Beitrag. „Im Moment kann ich gerade keinen Unterhalt zahlen“, sagte der Mann, der seit Januar arbeitslos ist und bei seiner Mutter untergekommen ist. Konkret ging es in der Verhandlung um seine 16-jährige Tochter, die mit ihrer alleinerziehenden Mutter in Aichtal lebt. Der gesetzliche Unterhaltsanspruch beträgt in diesem Fall 249 Euro monatlich. Unter dem Strich haben sich die Rückstände für seine 16-jährige Tochter über die Jahre hinweg auf stattliche 10 000 Euro summiert, so eine Vertreterin des Kreisjugendamts in der Verhandlung.

Wenn Väter – in weniger als zehn Prozent der Fälle sind es auch Mütter – keinen Unterhalt zahlen, springt der Staat in die Bresche. Im Kreis Esslingen erhalten derzeit rund 2400 Kinder einen Unterhaltsvorschuss. Diese Unterstützung soll verhindern, dass Alleinerziehende komplett im Regen stehen. Der Vorschuss reicht zwar nicht ganz an den normalen Unterhalt heran, er bedeutet für Betroffene aber dennoch eine Erleichterung.

Alleinerziehende müssen einen Antrag stellen

Wurde der Vorschuss zuvor nur für Kinder bis zwölf Jahre gezahlt und war auf maximal 72 Monate begrenzt, steht er nach einer Gesetzesreform seit dem 1. Juli 2017 ohne Begrenzung der Bezugsdauer Minderjährigen bis 18 Jahren zu. Vor der Reform überwies der Landkreis den Unterhaltsvorschuss an rund 1200 Kinder, erklärt Achim Dutz vom Kreisjugendamt. Auf das Land bezogen, erhielten Ende März rund 57 000 Kinder Unterhaltsvorschuss. Ende 2016 waren es knapp 32 000 Kinder.

Damit der Staat überhaupt Unterstützung leisten kann, müssen betroffene Elternteile beim Landratsamt zunächst einen Antrag stellen. Die Behörde schickt Unterhaltspflichtigen dann per Post eine Zahlungsaufforderung. Wird dieses Schreiben ignoriert, geht die Behörde auf das Familiengericht zu. Bei hartnäckiger Weigerung droht die Zwangsvollstreckung, beispielsweise durch Lohnpfändung.

Manche können nicht zahlen, andere wollen nicht

Das Verfahren sei hier „relativ einheitlich“, so Achim Dutz. „Vom Prinzip her machen das alle Landkreise so.“ Achim Dutz zufolge lassen sich säumige Elternteile in zwei Gruppen einteilen. Da gibt es jene, die zahlen können, aber nicht wollen, und auf der anderen Seite jene, die „nicht leistungsfähig sind“, etwa weil sie im Mindestlohnbereich beschäftigt oder arbeitslos sind.

Lohnpfändungen hatte der 40-Jährige aus dem Kreis Heilbronn, als er noch Arbeit hatte, schon hinnehmen müssen. Er habe gedacht, dass er rasch wieder in Lohn und Brot kommen würde, versuchte sich der gelernte Einzelhandelskaufmann vor Gericht zu rechtfertigen. Deshalb habe er sich zwischenzeitlich auch nicht um Sozialleistungen gekümmert.

Sechs Monate Haft auf Bewährung

Solche Ausreden ließ der Staatsanwalt nicht gelten. „Es kann nicht sein, dass Sie sorglos in den Tag hinein leben und die Allgemeinheit für ihre Kinder aufkommen muss“, sagte er. Dem Antrag auf eine Haftstrafe von einem halben Jahr, die auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wird, folgte der Richter. Denn dem Kind nütze der Vater hinter Gittern nichts. Diesem wurde zudem auferlegt, monatlich vorerst mindestens 50 Euro Unterhalt zu zahlen, beim Jobcenter Arbeitslosengeld zu beantragen und sich schleunigst um einen Job zu bemühen.