Die Freien Wähler weisen im Streit darüber, ob der Meiler mehr Müll verbrennen darf, einen neuen Weg: Die Energieversorgung Filstal soll ihn übernehmen.

Göppingen - Wird im Göppinger Müllheizkraftwerk in Zukunft mehr Müll verbrannt, und falls ja, welche Folgen hat das für die Gesundheit der Menschen, die in der Umgebung leben? Die seit mehr als einem Jahr laufende Debatte über die Müllverbrennung im Kreis beschäftigt viele Bürger. Sogar beim Friseur wird statt über Schönheit darüber geplaudert, was die vom chinesischen Betreiber des Kraftwerks, die Firma Energy from Waste (EEW) angestrebte Erhöhung der Müllmengen um 20 000 Tonnen pro Jahr für die Bürger bedeuten würde. Nichts Gutes, wird vermutet und deshalb liegen selbst im Friseursalon Unterschriftenlisten gegen die Erhöhung aus.

 

Der Widerstand der Bürger gegen mehr Müllverbrennung im Kreis ist offenbar groß. Mehr als 3500 Unterschriften haben die Gegner der Pläne, die auch für eine Rückführung des Meilers in den Besitz der Kommunen werben, bisher gesammelt. Doch lange schien es so, als gäbe es wenig Alternativen zu den Wünschen der Firma EEW. Das hat sich mit einem Vorschlag der Freien Wähler geändert: Die Energieversorgung Filstal (EVF) soll als Tochter der Stadt Göppingen das Müllheizkraftwerk übernehmen.

EVF-Chef schwebt neues, kleineres Kraftwerk vor

Als die Idee zu Beginn der Sommerferien bekannt wurde, löste sie zunächst nicht viel mehr als Achselzucken aus. Doch inzwischen zeigt sich, dass eine solche Übernahme nicht nur technisch und finanziell möglich wäre, sondern dass sie womöglich auch noch zahlreiche unerwartete Vorteile bergen könnte – für den Landkreis und für seine Bürger. Denn der EVF-Chef Martin Bernhart hat sich mittlerweile mit der Idee befasst und versichert nicht nur, dass der lokale Energieversorger das Müllheizkraftwerk betreiben könnte. Er sei zudem überzeugt, so sagt er, dass sich mit dem Kraftwerk gute Renditen erzielen lassen würden.

Bernhart sieht außerdem die Möglichkeit, die bestehende, 1975 vom Kreis erbaute und 1996 privatisierte Anlage, durch einen Neubau an der gleichen Stelle zu ersetzen. Ein solcher Neubau, so Bernhart, könnte kleiner ausfallen als die bestehende Anlage. Das hätte den Vorteil, dass man dann nicht nur auf die von der EEW angestrebte Erhöhung der Müllmengen verzichten, sondern sogar weniger Müll als bisher verbrennen könnte. Schließlich stammten nur rund 48 000 Tonnen der jährlich 160 000 Tonnen Müll aus dem Kreis Göppingen.

Vorschlag gewinnt immer mehr Anhänger

Der Aufsichtsrat der EVF hat Bernhart deshalb in seiner jüngsten Sitzung am Montagabend beauftragt, sich weiter mit dem Thema zu befassen und ein Konzept für eine Übernahme zu verfassen. Im Landratsamt gibt man sich bisher noch sehr zurückhaltend bei dem Thema und verweist lediglich auf die anstehenden Diskussionen über die Erhöhung und eine mögliche Vertragsverlängerung mit der EEW im Umweltausschuss des Kreistags am 25. September und im Kreistag am 12. Oktober.

Der Göppinger Oberbürgermeister und Kreisrat Guido Till (CDU) trommelt hingegen bereits sehr vernehmbar für die Übernahme des Meilers. Das, sagt Till, sei er den Göppingern schuldig. Schließlich seien gerade Stadtbezirke wie Holzheim direkt betroffen. Der langwierige Bürgerinformationsprozess habe nichts an seiner Einschätzung geändert, dass eine Erhöhung der Müllmengen mehr Verkehr und mehr Feinstaub für den Kreis und die Stadt bedeuten würde. „Da sagen wir ganz klar, dass wir das nicht akzeptieren.“ Zumal noch gar nicht über den Stickoxid-Ausstoß des Kraftwerks gesprochen worden sei.

Die Freien Wähler im Kreistag stehen hinter dem Vorschlag, der aus den Reihen der Göppinger Gemeinderatsfraktion stammt und auf die Wünsche der aktiven Bürger zurückgeht. Auch die Linke scheint sich sehr für eine Übernahme des Müllheizkraftwerks durch die Kommunen zu interessieren. Bei der Sitzung des Umweltausschusses am 25. September wollen die aktiven Bürger die Unterschriftenliste an die Kreisräte übergeben und sich erneut öffentlich gegen eine Erhöhung der Müllmengen im Kraftwerk positionieren.