Eigentlich sollen bis im Jahr 2050 zwei Drittel der im Kreis benötigten Energie aus Windkraft stammen. Doch es zeichnet sich ab, dass deutlich weniger Windräder gebaut werden können, als man im Landratsamt angenommen hatte.

Göppingen - Der Ausbau der Windkraft im Kreis Göppingen geht schleppender voran, als viele Planer angenommen hatten. So ist der Windkraftstandort Kaiserstraße bei Adelberg wie bereits berichtet ein Totalausfall. Die beiden dort geplanten Windräder können nicht gebaut werden, weil in der Nähe Rotmilane nisten. Bei anderen potenziellen Standorten, deren Genehmigungsverfahren noch läuft, zeichnet sich bereits ab, dass – wenn überhaupt – deutlich weniger Windräder erlaubt werden können als ursprünglich angenommen worden war. Mal geht es um Natur- und Artenschutz, mal um Denkmalschutz oder die Flugsicherung. Und dann gibt es noch die Standorte, für die sich bisher überhaupt kein Investor interessiert.

 

Bürgerinitiative legt Vogelschutz-Gutachten vor

Die Anwohner der geplanten Standorte vor allem im Schurwald sind froh über jedes Windrad, das nicht gebaut wird. Viele engagieren sich in Bürgerinitiativen. Sie waren es, die nachwiesen, dass bei Adelberg Rotmilane nisten. Und es waren auch Bürgerinitiativen, die jetzt dafür gesorgt haben, dass sich der Bau von vier Windrädern zwischen Adelberg, Schorndorf, Wangen und Uhingen (in der Karte verzeichnet als GP-03) zumindest stark verzögert. Denn sie haben ein Gutachten vorgelegt, demzufolge dort nicht nur Rotmilane leben, sondern auch Schwarzmilane, Wespenbussarde und Baumfalken. Das Bauherren-Konsortium aus der Energieversorgung Filstal sowie den Stadtwerken Fellbach und Schorndorf will nun ein eigenes Gutachten beauftragen, um herauszufinden, ob dort tatsächlich geschützte Vogelarten vorkommen. Frühestens wenn die Expertise Ende dieses Jahres fertig ist, entscheidet sich, was aus den Plänen der Investoren wird.

Klimaschutzkonzept wird neu austariert

Während die Bürgerinitiativen sich über ihre Erfolge freuen, zerbrechen sich die Planer im Göppinger Landratsamt bereits den Kopf, was der Ausfall von immer mehr geplanten Windkraftstandorten für das Klimaschutzkonzept des Landkreises bedeuten könnte. Denn das Konzept sieht vor, bis zum Jahr 2050 genauso viel Energie im Kreis aus regenerativen Quellen zu gewinnen wie dort verbraucht wird. Zwei Drittel dieser Energie soll aus Windkraftanlagen kommen.

„Wir könnten Probleme bekommen, unsere Ziele bei der Windkraft zu erreichen“, sagt der Erste Landesbeamte des Kreises, Jochen Heinz. Deshalb sei für Mitte dieses Jahres eine Evaluation des Klimaschutzkonzepts geplant. Geprüft werden soll, wie weit man bisher bei der Umsetzung der Klimaschutzprojekte sei, etwa bei dem Ausbau der Windkraft und der Fotovoltaik, aber auch bei der Umsetzung von Energiesparmaßnahmen. Erst dann könne man genauer einschätzen, ob sich die Klimaschutzziele trotz der Rückschläge beim Ausbau der Windkraft erreichen ließen.

Aktuell Strom für rechnerisch 57 000 Zwei-Personen-Haushalte aus Windkraft

Aktuell sind im Kreis 45 Windkraftanlagen im Betrieb, die rechnerisch rund 170 Gigawattstunden Strom im Jahr erzeugen. Bei einem Durchschnittsverbrauch von 3000 Kilowattstunden Strom im Jahr für einen Zwei-Personen-Haushalt können damit rund 57 000 solcher Haushalte versorgt werden. Sollten alle 18 Windkraftanlagen, die sich zurzeit im Genehmigungsverfahren befinden, tatsächlich ans Netz gehen können, würde die Gesamtzahl der Windräder im Kreis auf 63 steigen. Von der im Klimaschutzkonzept ursprünglich angestrebten Stromerzeugung von 1150 Gigawattstunden im Jahr wäre man allerdings auch dann noch weit entfernt.

Kein Wunder, schließlich waren an den betreffenden Standorten ursprünglich noch elf weitere Windräder geplant gewesen. Bei GP-10 (Stöttener Berg) wurde bereits auf zwei von vier Anlagen verzichtet, weil sonst Sicherheitsabstände zum nahen Segeflugplatz verletzt worden wären. Außerdem ging es um den Schutz von dort lebenden Uhus. Bei Bad Ditzenbach (GP-26 /Harlachen) ging es ebenfalls um den Artenschutz und um die nahe Wetterstation in Türkheim. Dort sind von ursprünglich neun noch fünf Windräder im Verfahren. Bei GP-27 bei Hohenstadt werden noch vier von ursprünglich neun Anlagen geprüft. In diesem Fall hat der Denkmalschutz den Investoren einen Strich durch die Rechnung gemacht. Denn dort muss unter anderem eine keltische Viereckschanze geschützt werden.

Für fünf Windkraftstandorte gibt es noch keine Investoren

Hinzu kommt, dass sich für fünf der insgesamt 16 Windkraftstandorte im Kreis Göppingen bisher noch überhaupt kein Investor interessiert hat. Das, so Jochen Heinz, hänge auch damit zusammen, dass sich die Förderrichtlinien für Windkraft zu Beginn des vergangenen Jahres geändert hätten. Seither sind offensichtlich viele Standorte wirtschaftlich nicht mehr interessant. Selbst bei den bereits laufenden Verfahren würden die Investoren inzwischen deutlich weniger Eile an den Tag legen. „Vieles wird verschleppt, weil die Investoren auf bessere Rahmenbedingungen warten“, so Heinz.

Umfangreicher Klimaschutz-Katalog

Konzept
: Der Kreistag hat im Sommer 2013 das sogenannte Integrierte Klimaschutzkonzept verabschiedet. Es sieht vor, bis zum Jahr 2050 den gesamten Energiebedarf der Bürger, Unternehmen und Kommunen im Kreis bilanziell durch regionale regenerative Energien zu decken. Das Konzept geht auf eine Initiative des Kreises und der Stadt Göppingen zurück. 36 Städte und Gemeinden im Kreis kooperieren.

Maßnahmen:
Der Kern des Konzepts ist ein Katalog mit 160 Maßnahmen. Besonders wichtig ist dabei der Ausbau der Windkraft. Sie soll eines Tages zwei Drittel des Energiebedarfs decken. Daneben spielen andere regenerative Energien eine Rolle sowie das Ziel, möglichst viel Energie einzusparen.