Kreis Göppingen Landschaftsschutzgebiet oder Windpark?

Das Landratsamt muss entscheiden, ob auf dem Schurwald drei Windräder gebaut werden dürfen. Viele Bürger in Ebersbach und Uhingen sind nicht nur dagegen, sie haben auch ein interessantes Argument: zu wenig Wind.
Göppingen - Ein geplanter Windpark im Landschaftsschutzgebiet Nassachtal erregt seit Monaten die Gemüter vieler Schurrwald-Bewohner: Am Donnerstag hat der Ortsvorsteher von Uhingen-Nassachtal, Eberhard Hottenroth, 1500 Unterschriften gegen das Projekt an den Göppinger Landrat Edgar Wolff übergeben. 80 Bürger und Vertreter der Initiative Pro Schurwald begleiteten ihn. Sie befürchten, dass die drei geplanten Windräder mit einer Gesamthöhe von 217 Metern – das ist so hoch wie der Stuttgarter Fernsehturm – nicht nur das Landschaftsschutzgebiet beeinträchtigen würden, sondern vor allem ihre Lebensqualität.
Die Bürger haben ein Hauptargument, von dem sie hoffen, dass es das Projekt stoppen kann: Auf dem Schurwald sei der Wind viel zu schwach, sagen sie. Michael Haueis von der Initiative berichtete, die Ertragsschwelle für ein Windkraftanlage liege der Region zufolge bei einer Windgeschwindigkeit von sechs Metern pro Sekunde. Doch dem Windatlas der Region zufolge liegt die Windgeschwindigkeit in dem Gebiet nur bei 5,3 Meter pro Sekunde. Die Initiative befürchte, dass auf dem Schurwald ein Windkraftfriedhof neben dem anderen entstehe.
Auch die Kreise Esslingen und Rems-Murr wären betroffen
Die Bürger lehnen das Projekt in erster Linie wegen der unmittelbaren Nähe zu ihren Wohnorten ab. Die Anlagen wären 1300 Meter von Ebersbach-Büchenbronn und 700 Meter von Uhingen-Baiereck entfernt. Der Ortsvorsteher Hottenroth berichtete, laut dem Eigentümerverband Haus und Grund würde der Wert der Immobilien in Diegelsberg und Nassachtal um 30 Prozent sinken. Auch Bürger aus den angrenzenden Kreisen Esslingen und Rems-Murr sind betroffen: Die Entfernung zu Lichtenwald-Thomashardt und zu Schorndorf-Schlichten würde 1800 Meter betragen.
Zwar hat der Verband Region Stuttgart das Gebiet am Sümpflesberg unter dem Namen ES02 als Vorranggebiet für Windkraft ausgewiesen, doch das Göppinger Landratsamt müsste das bestehende Landschaftsschutzgebiet aufheben und eine Sondergenehmigung erteilen, damit die Firma Uhl aus Ellwangen dort bauen könnte. Das Landratsamt Esslingen hat bereits abgelehnt, eine solche Genehmigung für den Teil des Windparks, der auf seiner Fläche liegen sollte, auch nur zu prüfen – zur großen Erleichterung der Bürger. Damit verbleiben 28 Hektar im Kreis Göppingen, auf denen Uhl nun die drei Windräder bauen möchte. Die Firma hat ihren Bauantrag zwar im Juli abgegeben, allerdings fehlen noch einzelne Unterlagen. Deshalb ist bisher unklar, wann die Behörde entscheiden kann. Den Bürgern macht allerdings große Sorge, dass die Göppinger Behörde sich anders als Esslingen überhaupt bereit erklärt hat, den Antrag der Firma zu prüfen.
Kommunen dürfen nicht mitentscheiden
Die betroffenen Gemeinden Uhingen und Ebersbach können zu dem Vorhaben lediglich Stellung nehmen und ihre Einvernehmen erteilen oder verweigern. Der Uhinger Gemeinderat hat das Projekt bereits mit großer Mehrheit und der Stimme des Bürgermeister Matthias Wittlinger abgelehnt. In Ebersbach wolle man noch abwarten bis alle Unterlagen vorlägen, berichtet der Oberbürgermeister Sepp Vogler. Allerdings hat die größte Gemeinderatsfraktion, die Freien Wähler, schon jetzt verlauten lassen, dass sie auf jeden Fall gegen das Vorhaben stimmen werde.
Weil die Entscheidung aber letztlich allein beim Landratsamt liegt, haben die Bürger dort nun versucht, den Landrat und früheren Ebersbacher Bürgermeister Edgar Wolff von ihrer Position zu überzeugen. Er könne die Bedenken der Betroffenen gut verstehen, sagte Wolff. „Aber es ist noch nichts entschieden. Die Frage ist auch nicht, ob wir die Anlagen wollen oder nicht. Die Entscheidung hängt alleine von der Prüfung der Fakten ab.“
Dabei gehe es unter anderem um den Lärm- und Emissionsschutz, um die Auswirkungen auf das Landschaftsschutzgebiet und vieles mehr. Die Behörde werde die Bedenken der Bürger aber natürlich berücksichtigen, versicherte der Landrat. Mehr als das habe man auch nicht erwartet, erwiderte Hottenroth. Allerdings müsse eines klar sein: „Wir sind keine Revoluzzer. Aber wir können kämpfen. Und für uns ist es nicht vorbei, falls das Landratsamt die Genehmigung erteilt.“
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