Im Kreis Göppingen treten nur in Heiningen und Gruibingen Frauenlisten an. Auch bei diesen Kommunalwahlen bewerben sich mehr Männer als Frauen.

Region: Corinna Meinke (com)

Kreis Göppingen - Überregional bekannt wurde 2009 das Birenbacher Frauenwunder, als die Wählerinnen und Wähler sechs Frauen in den Gemeinderat der Schurwaldgemeinde schickten. Eine Wahlperiode lang verfügten die Frauen in dem zehnköpfigen Gremium über eine bequeme absolute Mehrheit. Vom damals landesweiten Spitzenwert mit 60 Prozent können die Birenbacher und alle anderen Kreisbewohner samt den beiden Frauenlisten in Heiningen und Gruibingen allerdings nur träumen.

 

Parität der Geschlechter in den Räten ist Utopie

Mit Ausnahme von Aichelberg sitzen in den kommunalen Parlamenten im Kreis nirgends gleichviel Frauen und Männer; die Parität zwischen den Geschlechtern ist bis heute Utopie. Das gilt auch für Heiningen, wo die rührige Frauenliste seit 25 Jahren zwar erfolgreich Vertreterinnen ins Gremium schickt, da aber die anderen Listen kaum Frauen aufstellen, besetzen die fünf Rätinnen der Frauenliste nicht einmal ein Drittel der insgesamt 18 Ratssessel. Mit nur einer Alibifrau fällt aktuell der weibliche Anteil im Gruibinger Rat noch geringer aus, obwohl auch dort eine Frauenliste seit 25 Jahren längst den Boden für die weibliche Teilhabe bereitet hat. „Jahrelang hatten wir zwei Frauen im Gemeinderat,“ erinnert sich die Mitbegründerin Margret Opferkuch. Aber bei der Wahl 2014 musste die Liste mangels Bewerberinnen pausieren; diesmal treten immerhin neun Frauen an.

Kein gerechtes Abbild der Gesellschaft

Der Wahltag wird weisen, ob der Slogan „Frauen wählen, Frauen fehlen“, mit dem der Kreisfrauenrat auf Postkarten wirbt, Gehör finden wird. Denn zur Wahl stehen deutlich weniger Frauen als Männer. Lediglich SPD und Grüne forcierten paritätische Listen, erklärt die Vorsitzende des Kreisfrauenrats, Heide Kottmann, die einen Frauenanteil von 50 Prozent bei der Aufstellung gefordert hatte, nur so werde die Gesellschaft gerecht abgebildet.

Die Heiniger Frauenliste wird neidisch beäugt

Ganz ähnlich sehen das auch die Kandidatinnen der Heininger Frauenliste. Sie wollen bei den Entscheidungen im Ort mitreden und Einfluss nehmen, denn ohne weibliche Gemeinderäte käme deren Lebenswelt in politischen Gremien zu wenig vor. „Frauen verbringen meist mehr Zeit in ihrem Wohnort als die Männer. Deshalb können sie sehr gut beurteilen, wohin das Geld fließen soll“, erklärt Claudia Schlürmann ihre Sichtweise zum Umgang mit den kommunalen Finanzen, für die die Übersetzerin ein besonderes Faible hat. Schlürmann gehört zu den Gründungsmitgliedern der Heininger Frauenliste, auf deren Ticket zuletzt fünf Frauen in den Gemeinderat gezogen sind. Ein gutes Ergebnis, das bei den anstehenden Wahlen zumindest gehalten werden soll. Kontinuität sei wichtig, gerade bei den Personen. Und so führen die beiden Gründerinnen Doris Röhm und Claudia Schlürmann die voll besetzte 18-köpfige Liste an, auf der sich auch ihre drei Gemeinderatskolleginnen Ilona Habdank, Christel Grossmann und Kirsten Lorenz um ein Mandat bewerben. Ein bisschen neidisch schielen die übrigen Listen, auf denen sich nur wenige Bewerberinnen finden lassen, auf diese geballte Frauenpower: „Ihr schnappt uns die besten Frauen weg“, laute häufig der Kommentar.

Die Frauen können Erfolge aufweisen

Ein gutes Team und enger Zusammenhalt gehören für Schlürmann zum Erfolgsrezept. „Wir nehmen uns die Zeit und diskutieren die anstehenden Themen ausführlich“, auf diese Weise seien auch die Nachrückerinnen auf der Liste geschult worden. Dank der guten Sacharbeit könnten die Rätinnen eine fundierte Meinung vertreten. Das sei von den Kollegen und der Bevölkerung erkannt worden, erklärt Schlürmann rückblickend auf nun 25 Jahre kommunalpolitische Arbeit. Und genauso wichtig sei es, gute Kontakte und eine gute Gesprächsbasis zu den anderen Fraktionen zu pflegen.

Natürlich brauche man auch ein paar Erfolge bei den Entscheidungen wie gleich in den Anfangsjahren die erweiterten Betreuungszeiten im Kindergarten samt einem guten Personalschlüssel sowie zusätzliche Freiflächen in Baugebieten für Begegnung und Spielen.

„Wir unterstützen auch Tempo 30, weil unsere Ortsdurchfahrt ein Autobahnzubringer ist“ und ein interkommunales Gewerbegebiet, ergänzt die Gemeinderätin. Und die Idee, die neue Mehrzweckhalle in Eschenbach interkommunal zu betreiben, habe übrigens die Frauenliste in die Diskussion geworfen. Stolz sei sie auf die neue Großpflegestelle, die Heininger Tagesmütter einrichteten, während über die Nutzung des alten Schulhauses in der Dorfmitte noch diskutiert werde. „Wir können uns eine kulturelle Nutzung vorstellen“, aber zunächst müssten das Voralbbad und die Sporthalle saniert werden.