Dank einer an einer Drohne angebrachten Wärmebildkamera werden Wildtiere vor dem Tod durch Landwirtschaftsmaschinen bewahrt.

Kreis Göppingen - Es ist ein grausamer Anblick. Wenn Wildtiere und Landmaschinen auf Äckern und Wiesen aufeinander treffen, endet diese Begegnung für die Tiere oft tödlich. „Das möchte niemand sehen“, sagt der Eislinger Modellflieger und Webdesigner Hans-Jörg Andonovic-Wagner. Der 44-Jährige bietet deshalb Landwirten an, Wiesen und Felder vor dem Mähen mit seiner Drohne und einer darauf angebrachten Wärmebildkamera auf Tiere abzusuchen. Dieses Jahr seien bereits 15 Rehkitze gerettet worden.

 

Besonders häufig trifft es Rehkitze, weil diese in ihren ersten Lebenswochen zwischen Anfang Mai bis Mitte Juni bei Gefahr nicht fliehen, sondern sich so flach wie möglich hinlegen und auf dem Boden verstecken. Die Bauern haben kaum eine Chance, die Tiere rechtzeitig zu sehen. Oft werden die Kitze im hohen Gras geboren, und ihre Mutter kommt nur, um das Baby zu säugen. Anschließend ist das Neugeborene wieder allein. Dabei braucht es eigentlich nicht viel, um die Tierbabys vor den Mähmaschinen zu retten – moderner Technik sei Dank.

Der Flug muss morgens stattfinden, wenn die Umgebung noch kühl ist

Eine Drohne mit Wärmebildkamera überfliegt die Fläche, die gemäht werden soll. Wichtig ist, dass der Flug am frühen Morgen stattfindet. „Spätestens um fünf Uhr müssen wir auf der Wiese stehen“, sagt Andonovic-Wagner. Am Morgen ist der Temperaturunterschied zwischen dem Tier und dem Boden höher als am Mittag und das Tier ist gut auf dem Bildschirm zu erkennen. Als nächstes wird ein kundiger Helfer, meist der zuständige Jagdpächter, zum Versteck des Kitzes geleitet. Er muss das Tier mit Handschuhen und Grasbüscheln in Sicherheit bringen. „Der Akt des Bergens funktioniert hervorragend“, freut sich Andonovic-Wagner. Würde das Rehbaby von den Rettern mit den Händen angefasst werden, würde die Mutter es aufgrund des an ihm haftenden menschlichen Geruchs verstoßen.

Für einen erfolgreichen Einsatz sei vor allem die Zusammenarbeit zwischen Landwirten, Jägern und dem Drohnenpilot notwendig, erklärt Andonovic-Wagner. „Ob der Jäger vor dem Mähen vom Landwirt angerufen wird, ist von Fall zu Fall unterschiedlich“, berichtet er. „Man muss die Leute mit ins Boot holen“, sagt der Drohnenpilot. Ein Problem sei, dass bei entsprechend günstigen Wetterverhältnissen alle Landwirte gleichzeitig mähen wollten. Alle Tiere zu retten, das sei wohl nicht möglich, darüber ist sich Andonovic-Wagner im Klaren. Aber einem Teil von ihnen könne ein grausiger Tod erspart werden.

Irgendwann soll ein Verein die Flüge übernehmen

Der Kreisbauernverband lobt das Engagement. „Es ist eine tolle Sache“, sagt dessen Vorsitzender und CDU-Bundestagsabgeordneter Hermann Färber (CDU). Die Landwirte wüssten, auf welchen ihrer Flächen sich häufig Wildtiere aufhielten. Vor einem Einsatz schwerer Maschinen werde ein kluger Landwirt stets den jeweiligen Jagdpächter informieren, sagt Färber. Denn erstens wolle niemand ein Tier beim Ernten oder Mähen töten und zweitens könnten die eigenen Nutztiere vergiftet werden, sollten sich im geernteten Futter Tierkadaver befinden.

Die Flüge absolviert Andonovic-Wagner derzeit noch als selbstständiger Unternehmer. Mittelfristig soll die Tierrettung aber von einem Verein übernommen werden. Im unternehmerischen Alltag des Webdesigners Andonovic-Wagner wird die Drohne vor allem für Flüge über Hotels, Golfplätze oder Straßen benötigt. Ein Verein könnte ferner Spenden für die Drohnentierrettung sammeln.

Manchmal gibt es zum Lohn ein Frühstück, manchmal Spritgeld

Derzeit ist die Finanzierung der Einsätze zur Tierrettung noch nicht klar geregelt. Von Fall zu Fall werden Aufwandsentschädigungen für ein kleines Frühstück, für Sprit oder für den Unterhalt der Wärmebilddrohne von Jägern und Landwirten bezahlt. Andonovic-Wagner würde sich wünschen, dass sich eine Umlagefinanzierung durchsetzen lässt. Jäger- und Bauernverbände könnten sich dann ebenso beteiligen wie Kommunen und der Landkreis.