Vor allem die CDU will mit bekannten Namen die Wahlniederlage bei der Göppinger Kreistagswahl von 2009 vergessen machen. So könnten sie sogar den Freien Wählern den Ruf als Bürgermeisterpartei streitig machen. Oder geht es schon um die Landratswahl, wie manche glauben?

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Göppingen - Erst die schmerzhafte Niederlage bei der Landratswahl, dann ein enttäuschendes Kreistagswahlergebnis mit einem Verlust von fast sieben Prozentpunkten und drei Mandaten. Das Frühjahr 2009 hat die CDU im Kreis Göppingen in keiner guten Erinnerung. Jetzt ist die Partei wild entschlossen, die Verhältnisse wieder gerade zu rücken. „Wir wollen stärkste Kraft bleiben und unsere Sitzzahl halten“, sagt der Fraktionsvorsitzende Wolfgang Rapp. Doch das dürfte untertrieben sein. Schließlich hat die Kreisvorsitzende Nicole Razavi alle Register gezogen, um bei der Wahl am Sonntag erfolgreich zu sein.

 

Gleich zwei Bürgermeister aus Gingen auf der Liste

Das ist auch den Verantwortlichen der anderen Kreistagsparteien nicht verborgen geblieben. „Die CDU hat alles aufgestellt, was Stimmen bringt“, sagt der Kreisvorsitzende der Freien Wähler, Hans-Rudi Bührle. Sogar der zweifelhafte Ruf als „Bürgermeisterfraktion“ dürfte den Freien Wählern verloren gehen. Allenfalls drei Rathauschefs werden künftig bei ihnen sitzen. Das schafft die CDU locker. Aus Gingen kandidieren sogar der ehemalige und der amtierende Bürgermeister, wobei Letzterer nicht in Gingen, sondern im Bezirk Voralb antritt. Marius Hick wohnt in Heiningen.

Prominentester Neuzugang bei der Union ist der Göppinger Oberbürgermeister Guido Till, der sich ein interessantes Duell mit seiner Sozialbürgermeisterin Gabriele Zull (Freie Wälhler) liefern wird. Spannung verspricht auch die Konstellation im Wahlkreis Eislingen, wo Razavi und ihr Landtagskollege Peter Hofelich (SPD) kandidieren. Auch die neue Göppinger Landtagsabgeordnete Jutta Schiller soll Stimmen bringen, so wie dies SPD-Kollege Sascha Binder in Geislingen tut. Einzig die Grünen verzichten auf die Hilfe ihres Abgeordneten Jörg Fritz. Offenbar biete die Konkurrenz ihre Politprominenz auf, weil sie fürchte, dass ihre normalen Kandidaten nicht gewählt würden, ätzt die Grünen-Fraktionschefin Martina Zeller-Mühleis.

Binder sieht eine langfristige CDU-Strategie

Der SPD-Kreischef Binder, der auf wichtige Stimmenmagneten wie den Fraktionschef Peter Feige, den Eislinger Ex-Schultes Günther Frank und den ehemaligen Göppinger Sozialbürgermeister Jürgen Lämmle verzichten muss, vermutet sogar, dass die CDU sich schon auf die Landratswahl im Jahr 2017 vorbereitet. „Man kann das als als Kampfansage an den Landrat verstehen.“ Edgar Wolff (Freie Wähler) hatte sich 2009 knapp gegen den CDU-Kandidaten Gerhard Ueding durchgesetzt. Das spiele überhaupt keine Rolle, versichert Razavi. Wie dem auch sei: Ueding, Bürgermeister von Bad Ditzenbach, strebt diesmal selbst für die CDU in den Kreistag.

Auch ohne diese Personalfrage haben es die kreispolitischen Themen in sich: Neubau des Klinikums, Erweiterung des Landratsamtes, Anschluss ans Stuttgarter S-Bahn-Netz: selten gab es so viele millionenschwere Entscheidungen zu treffen. Kein Wunder, dass auch der FDP-Fraktionschef Hans Georg Frey gerne aus dem Vollen schöpfen würde. Doch die Personaldecke der gebeutelten Partei ist dünn. Frey ist schon froh, in jedem Wahlkreis Kandidaten gefunden zu haben. Sein Promifaktor: In Geislingen steht der Ex-Bundestagsabgeordnete Werner Simmling auf dem Zettel.

Die kleinen Parteien dürfen hoffen

Nur in der Hälfte der Wahlkreise ist die Linke am Start. „Wir wollen ein Umsteuern bei der Unterbringung der Asylbewerber“, sagt Kreisschef Christian Stähle. Die Piraten kämpfen nur in der Stadt Göppingen um Kreistagsstimmen. Eine Chance haben sie durch die Umstellung auf ein neues Auszählverfahren, das kleine Gruppen bevorzugt. Bei der Verteilung der Mandate auf die Wahlkreise zeitigt dies schon Wirkung. Deggingen gewinnt auf Göppinger Kosten einen Sitz hinzu. Dabei hat kein Wahlkreis seit 2009 mehr Einwohner verloren.