Die FDP-Fraktion im Remsecker Gemeinderat will einen Bürgerentscheid zur geplanten Westrandbrücke. Rechtlich scheint das nicht unmöglich – Vorbild könnte das Votum zu Stuttgart 21 sein.

Remseck - Auf den ersten Blick scheinen die beiden Anträge recht ähnlich: Die FDP-Fraktion im Remsecker Gemeinderat will einen Bürgerentscheid über die geplante Westrandbrücke. Der eine Antrag datiert vom 12. Januar, der andere vom 28. April dieses Jahres. Und doch gibt es einen wesentlichen Unterschied zwischen den Papieren: Während der eine Antrag die eher allgemein formulierte Forderung zu einem Bürgerentscheid enthält, könnte der andere dafür sorgen, dass die Remsecker Bürger mittelfristig tatsächlich über den Bau einer neuen Brücke abstimmen dürfen.

 

Abstimmung über 100 000 Euro aus dem Haushalt

Denn der jüngst vom stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Kai Buschmann eingereichte Antrag zielt genauer. Statt der generellen Forderung nach dem Entscheid stellt er vielmehr die Frage in den Raum, warum es nicht möglich sein soll, über die 100 000 Euro, welche die Stadt im aktuellen Haushalt für die Vorplanungen zur neuen Brücke eingestellt hat, abstimmen zu lassen. Der entscheidende Unterschied: beim gesamten Bauvorhaben der Westrandbrücke handelt es sich um ein Projekt des Landes, auch wenn die genaue Aufteilung der Finanzierung einer künftigen Brücke zwischen dem Land und der Stadt noch nicht feststeht. Ein Bürgerentscheid auf kommunaler Ebene wäre angesichts der übergeordneten Landes-Planung wohl nicht zulässig.

Mit diesem Argument hatte der Erste Bürgermeister von Remseck, Karl-Heinz Balzer, den ersten FDP-Antrag Anfang des Jahres auch abgewiesen, versehen mit dem Hinweis darauf, dass der Gemeinderat über einen solchen Antrag zwar abstimmen könne, sollte sich dafür aber eine Mehrheit finden, der Oberbürgermeister Dirk Schönberger dem Beschluss widersprechen müsse – mangels städtischer Zuständigkeit beim Vorhaben.

Fragestellung wie bei der S-21-Abstimmung wäre denkbar

Die neue Formulierung des FDP-Antrags aber könnte Bewegung in die Sache bringen. Denn die 100 000 Euro, welche die FDP in ihrem neuen Antrag in den Mittelpunkt gerückt hat, stammen aus dem kommunalen Säckel. Das könnte eine andere juristische Bewertung zur Folge haben. Nach Einschätzung von Arne Pautsch, Professor für öffentliches Recht und Kommunalwissenschaften an der Ludwigsburger Verwaltungs-Hochschule, wäre ein Bürgerentscheid darüber, ob die Stadt die 100 000 Euro zur Planung der Brücke tatsächlich ausgeben soll „nicht per se unzulässig“. Es handele sich dabei schließlich um eine Angelegenheit aus dem Wirkungskreis der Gemeinde.

Die konkrete Frage, über welche die Bürger abstimmen könnten, wäre vermutlich ähnlich aufgebaut wie die in der Volksabstimmung zu Stuttgart 21. Auch damals wurde über den Ausstieg aus der Kostenbeteiligung des Landes an einem übergeordneten Bauprojekt – dem des Bundes und der Bahn – gefragt. Parallel dazu könnte die Frage in Remseck lauten, ob die Bürger dafür sind, dass die Stadt die 100 000 Euro aus dem Haushalt nicht ausgeben soll – und damit aussteigt.

Ob und wann ein Bürgerentscheid tatsächlich kommt, ist aber noch unklar. Man habe dem Regierungspräsidium beide Anträge der FDP zur Prüfung vorgelegt, sagt OB Schönberger. Das Ergebnis werde man jetzt abwarten. Sollte die Prüfung positiv ausfallen, halte er einen sofortigen Entscheid nicht für sinnvoll, sagt FDP-Rat Kai Buschmann. Klar sei aber: „Wenn der Bürgerentscheid möglich ist, dann wird er auch kommen.“

Kommentar: Eine Chance vertan

Remseck - Bürgerbeteiligung ist nur dann sinnvoll, wenn sie auch ernst genommen wird: Dieser Satz gehört zu Standardaussagen von Politikern. Dass es mit der Umsetzung an der einen oder anderen Stelle hapert, macht das Beispiel einer möglichen Abstimmung über die geplante Remsecker Westrandbrücke deutlich. Nun mag der erste Antrag der örtlichen FDP, die einen Bürgerentscheid zu dem seit Langem diskutierten, hochsensiblen und emotionalen Thema forderte, rein juristisch nicht ideal formuliert gewesen sein. In der Tat handelt es sich bei dem Projekt um ein Landesvorhaben, ein Entscheid darüber auf kommunaler Ebene scheint nicht möglich.

Die Remsecker Verwaltung nutzte diese juristische Hürde dazu, dem Vorhaben der FDP Steine in den Weg zu legen. Sie hätte aber den Vorschlag auch als eine Chance begreifen können und darauf hinweisen, dass es über Umwege vielleicht doch möglich ist, die Bürger abstimmen zu lassen. Jetzt, wo es so aussieht, als hielte der erneute Antrag einer rechtlichen Prüfung stand, kann man den Eindruck gewinnen, dass sich die Verwaltung damals hinter den juristischen Vorbehalten verschanzt hat, um einen von ihr nicht gewollten Bürgerentscheid elegant vom Tisch zu bekommen. Die bessere Alternative wäre es gewesen, einer Mitbestimmung den Weg zu ebnen.