Die Kosten für Trinkwasser sind kreisweit vielerorts ähnlich hoch – nur Bietigheim-Bissingen sticht heraus. Ein reiner Preisvergleich ist jedoch nicht immer sinnvoll.

Das Wasser kommt in den Bietigheim-Bissinger Haushalten vergleichsweise günstig aus dem Hahn: 1,25 Euro müssen die Bürger pro Kubikmeter berappen. In den umliegenden Städten und Gemeinden des Kreises ist die Versorgung zum Teil deutlich teurer. In Gerlingen etwa liegt der Kubikmeterpreis für frisches Wasser aktuell bei 1,82 Euro, in Sersheim bei 1,87 Euro. Ditzinger Bürger müssen 1,89 Euro berappen, die Stadt Ludwigsburg rechnet 1,93 Euro je Kubikmeter Trinkwasser ab. Deutlich teurer ist es allerdings in Markgröningen; seit Anfang des Jahres kostet der Kubikmeter Wasser dort happige 2,90 Euro. In Stuttgart liegt der Preis bei 2,56 Euro.

 

In Bietigheim-Bissingen ist frisches Wasser aus der Leitung sogar günstiger als in jeder anderen Kommune in Baden-Württemberg – im Vergleich der Kommunen, deren Wasserversorgung privatisiert wurde. Warum das so ist, kann Matthias Britsch, der kaufmännische Leiter der Stadtwerke Bietigheim-Bissingen, auch nicht exakt erklären. „Unsere Strategie ist es aber, nur am Laufen zu halten, was wir auch wirklich nutzen“, sagt er. Sprich: was nicht gebraucht wird, wird stillgelegt. Alte Brunnen oder nicht mehr benötigte Leitungen zum Beispiel.

Was die reinen Zahlen nicht sagen

Ein reiner Vergleich der Trinkwasserkosten ist aber nicht grundsätzlich aussagekräftig. Ob ein Preis angemessen ist, hängt nicht allein von der Zahl ab. Entscheidend sind die Rahmenbedingungen. Die Versorger müssen das Wasser aufbereiten und sicherstellen, dass sich keine Krankheitserreger und Schadstoffe im Trinkwasser befinden. Wie sauber die Ausgangsbasis ist, ist aber regional und lokal unterschiedlich. „Auch landwirtschaftliche Nutzung, industrielle Bebauung und geologische Bedingungen wirken sich auf die Wasserqualität aus“, erklärt Frank Lorho, ein Sprecher des Bundesministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft. Auch die Instandhaltung von Rohren und Leitungen kostet Geld, das der Wasserversorger auf die Nutzer umlegt.

Nicht zuletzt hängen die Kosten davon ab, wie viele Abnehmer es gibt. „Bei einer hohen Bebauungsdichte wird der Wasserpreis auf vielen Schultern verteilt“, sagt Lorho. Generell gelte: nur ein Bruchteil der Wasserkosten bemesse sich am tatsächlichen Verbrauch, zumindest bei den Preisen der privatisierten Versorger. „Etwa 80 Prozent hiervon sind fixe Kosten“, erklärt Steffen Krause. Er ist Professor für Siedlungswasserwirtschaft und Abfalltechnik an der Universität der Bundeswehr in München. Dazu zählt die Instandhaltung der Leitungen ebenso wie Personalkosten oder Abgaben an die Kommune. „Bei den Gebühren ist es allerdings genau umgekehrt“, ergänzt Krause. Hier seien die Fixkosten geringer, der tatsächliche Verbrauch falle stärker ins Gewicht. 80 Euro pro Person kostet das Trinkwasser im Durchschnitt jährlich, der statistisch errechnete Verbrauch liegt bei 125 Litern am Tag.

Wasserkosten vielerorts gestiegen

Im Vergleich zum Vorjahr sind die Wasserpreise im Kreis fast überall gestiegen, auch in Bietigheim-Bissingen, wo das Wasser nun 4,8 Prozent teurer ist. Auch in Sersheim, Gerlingen und Ludwigsburg wurden die Preise um knapp vier bis sechs Prozent erhöht, in Ditzingen ist Frischwasser nun acht Prozent teurer. Zu hoch seien die Preise für Wasser nicht, meint Professor Krause. „Gemessen an der Qualität ist der Preis im internationalen Vergleich sehr gering.“ Die Kosten der meisten Versorger würden nur knapp gedeckt. „Bei öffentlich betriebenen Versorgern gibt es einen Investitionsrückstau“, fügt er hinzu.

Der Wasserverbrauch hierzulande ist in den letzten Jahrzehnten stetig gesunken – die Deutschen sparen. „Die Leitungen sind zwar langlebig, sie wurden oft vor Jahrzehnten gebaut“, sagt Steffen Krause. „Damals ging man von anderen Prognosen aus“ – nämlich einem steigenden Wasserverbrauch. Vereinzelt müssten nun Leitungen, die zu wenig genutzt würden, zusätzlich durchgespült werden, um Ablagerungen vorzubeugen. Die Kosten dafür trägt wiederum der Verbraucher, sein Wasserpreis steigt. Spart er in der Folge noch mehr, setzt er gar eine Negativspirale in Gang.

Wie die Trinkwasserversorgung geregelt ist

Ob für das Trinkwasser Gebühren anfallen oder ein Preis erhoben wird, hängt von der Organisationsform des Versorgers ab: Ist die Wasserversorgung in öffentlicher Hand, entstehen dem Bürger Gebühren. Wurde die Versorgung privatisiert, legt das betreffende Unternehmen die Preise fest. Häufig gehören hierzu auch Stadtwerke, die aus betriebswirtschaftlichen Gründen als GmbH fungieren.

Die Höhe und Zusammensetzung von Gebühren ist gesetzlich geregelt. Konkrete Vorgaben für die Preisbildung gibt es hingegen nicht. Die anfallenden Kosten werden aber in beiden Fällen überwacht – Kommunalaufsichtsbehörden behalten die Gebühren im Blick, während die Landeskartellbehörden für die privatrechtlichen Preise zuständig sind.

Qualität streng geprüft

Die Trinkwasserqualität wird in Deutschland streng überwacht, geregelt ist sie in der Trinkwasserverordnung (TrinkwV2001). Das Wasser muss „rein und genusstauglich“ sein. Die Verordnung legt die Kriterien für die Wasseranalyse fest. Das Trinkwasser in Deutschland hat eine sehr gute Qualität, nur selten finden sich krankheitserregende Mikroorganismen wie Darmbakterien oder Schadstoffe wie Nitrat oder Kupfer. Die Rohre im Haus werden allerdings nicht berücksichtigt: Von veralteten Bleirohren in Altbauten kann eine Gefahr ausgehen, vor allem für Schwangere und Babys. In Baden-Württemberg werden diese allerdings seit dem 19. Jahrhundert nicht mehr verbaut.