In dieser Woche zeigt sich auf teils skurriler Weise, wie schlimm es um Rathäuser, Hallen, Bäder steht. Schuld sind aber nicht Fledermäuse und Kugelkäfer – sondern eine Fehlrechnung.
Egal ob Ludwigsburg, Asperg, Freiberg – quer durch den Landkreis schlagen Bürgermeister seit Jahren Alarm. Ihre Schulen, Rathäuser und Turnhallen stammen oft aus den 1960er-Jahren – sie sind überaltert, einige marode und größtenteils sanierungsbedürftig. Die Probleme mit öffentlichen Gebäuden sind teils dramatisch, teils skurril und haben Auswirkung auf unsere liberale Demokratie – wie sich aktuell in mehreren Kommunen der Region zeigt.
Die Stadt Steinheim plant schon seit Längerem, das über 400 Jahre alte Fachwerk-Rathaus zu sanieren und einen neuen Verwaltungssitz zu bauen. Eine Herkulesaufgabe, ein Schädlingsbefall ist da also überflüssig wie ein Kropf. Doch genau das ist passiert, Kugelkäfer haben sich im Gebälk des Fachwerks breit gemacht und fressen Füllstoffe wie Stroh. Der erste Schädlingsbekämpfer war schon da, jetzt heißt es abwarten und hoffen, dass keine Kosten explodieren.
Fledermäuse kosten 50 000 Euro
Auch Vaihingen an der Enz wurde diese Woche mit einer Hiobsbotschaft konfrontiert: Laut einem Gutachten eines Stuttgarter Büros lohnt es sich nicht mehr, das 50 Jahre alte Hallenbad zu sanieren – nur noch ein Abriss kommt infrage. Für eine Stadt, die bereits mit der Gartenschau 2029, Kitas und dem Feuerwehrhaus Roßwag an der Belastungsgrenze wirtschaftet, ist das ein weiterer schwerer Schlag.
Auch in Kirchberg an der Murr ist das Geld knapp, zähneknirschend haben sich Verwaltung und Gemeinderat auf den Bau einer neuen, teuren Gemeindehalle geeinigt. Nun folgt direkt ein Dämpfer: In der alten Gemeindehalle haben sich Fledermäuse niedergelassen, der Abriss ist aktuell unmöglich – die Gemeinde muss rund 50 000 Euro für den artgerechten Umgang mit den Fledermäusen zahlen.
Einnahmen steigen, Ausgaben auch
Doch machen wir es uns nicht zu einfach: Schuld am teuren Unterhalt und an der Sanierung öffentlicher Gebäude sind keine Kugelkäfer, keine Fledermäuse und keine badenden Kinder. Schäden und Schädlinge passieren. Die eigentliche Ursache ist struktureller Natur – und politisch gemacht. Die finanzielle Ausstattung der Kommunen ist nicht mit den Aufgaben gewachsen.
Ein Blick auf die Zahlen zeigt, dass die Städte und Gemeinden immer mehr Geld zur Verfügung haben. Zuletzt sind die Einnahmen aller Kommunen in Baden-Württemberg innerhalb von vier Jahren um 18 Prozent gestiegen. Aber: Die Personalkosten sind im gleichen Zeitraum im Schnitt um 25 Prozent gestiegen, die sozialen Leistungen – vor allem für den Betrieb von Kitas – um 35 Prozent.
Es geht darum, Frust zu bekämpfen
Die Bundes- und Landespolitik hat in den vergangenen Jahren versäumt, die kommunale Finanzierung an die Realität anzupassen. Immer neue Aufgaben – von Digitalisierung über Flüchtlingsunterbringung bis zu Bildungsreformen – wurden nach unten delegiert, ohne die nötigen Mittel mitzuliefern.
Das nun beschlossene Sondervermögen ist ein wichtiger Schritt. Doch was fehlt, ist ein langfristiger Plan, wie Städte und Gemeinden ihre stetig wachsenden Aufgaben schultern sollen. Denn die chronische Unterfinanzierung unserer Kommunen hat weitreichende Folgen: Sie erzeugt bei Bürgern Frust, Wut und das Gefühl, in einem dysfunktionalen System zu leben. Das sollten sich Landes- und Bundesregierung zu Herzen nehmen, die immer wieder betonen, die AfD politisch bekämpfen zu wollen. Eine Partei, die genau von diesem Frust und der Wut profitiert.