Gräber erzählen Geschichten von dem Menschen. Das Land will das Bestattungsgesetz ändern. Dann soll die Beerdigung im Leinentuch für Muslime und Juden möglich sein. Praktikern erscheint dabei manches nicht zu Ende gedacht. Eine Bestandsaufnahme im Kreis Ludwigsburg.

Familie/Bildung/Soziales: Hilke Lorenz (ilo)

Kreis Ludwigsburg - Ali Riza Yildirim (31) ist schlagfertig, und redegewandt. Man merkt dem Ingenieur die Erfahrung unzähliger Meetings bei der Arbeit an. Wie fast alle seine Landsleute zahlt der Ingenieur in den Bestattungsfonds der Türkischen Islamischen Union der Anstalt für Religionen (DITIB) ein. Das ist für ihn gar keine Frage. 55 Euro sind das im Jahr. Der Fonds wird dem jungen Kirchheimer irgendwann sein Begräbnis finanzieren. Bisher finden die Beisetzungen in der Regel in der Türkei statt. DITIB organisiert sowohl den theologischen Rahmen, zu dem die Leichenwäsche gehört, bietet aber auch logistische Hilfe – etwa für die Überführung in die Türkei. Nur vier Prozent der in Deutschland lebenden Türken lassen sich auch hier beerdigen, sagt eine DITIB-Sprecherin. Aber die Tendenz sei steigend. Gezahlt werde entgegen anders lautender Meinungen auch für den gleichen Service in Deutschland. Friedhof- und Bestattungskosten seien in beiden Fällen Sache der Familie.

 

Ort der Bestattung ist eine Generationenfrage

Yildirim ist in Deutschland geboren. Seine Eltern sind als Arbeiter in die Region gekommen. Erst haben sie in Bönnigheim gelebt, jetzt sind sie in Hohenstein. Yildirim selbst bezeichnet sich als Kirchheimer. Nach dem Abi hat er Maschinenbau studiert, seit sieben Jahren arbeitet er bei Bosch. Wie es scheint, ist er in Deutschland angekommen. Er bete, wenn er nicht gerade in Konferenzen sitze, sagt er auf die Frage nach seiner Religiosität – und er bekennt: „Ich könnte der erste Kirchheimer sein, der sich hier beisetzen lässt.“ Seine Bedingung: das Grab muss nach Mekka ausgerichtet sein, eine Waschung muss ebenso wie die Bestattung im Leinentuch möglich sein. Wenn zwischen seinem Tod und seiner Beisetzung 40 Stunden liegen, „dann sind es halt 40 Stunden“. Wahrscheinlich ist Yildirim eine Paradebeispiel dafür, dass es eine Generationenfrage ist, wo sich Menschen mit Migrationshintergrund beisetzen lassen wollen.