Im Enzkreis murren Aufsichtsräge wegen der Schieflage der Krankenhäuser in der Regionalen Kliniken-Holding. Ihre Kritik am Management des größten kommunalen Klinikverbunds im Land geht jedoch in die falsche Richtung.

Kreis Ludwigsburg - So unterschiedlich kann über dasselbe Thema debattiert werden. Enzkreis-Aufsichtsräte der Regionalen Kliniken Holding, dem größten kommunalen Klinikverbund im Land, haben das Management der Krankenhäuser scharf kritisiert. Die neun Krankenhäuser der Holding sind seit einiger Zeit in die roten Zahlen gerutscht. Von „zu optimistischen Prognosen“ war die Rede bei den Enzkreisräten. Man sei nicht willig, „das Millionengrab“ von Jahr zu Jahr größer werden zu lassen. Die öffentliche Kritik stieß dem Landrat Karl Röckinger sauer auf. Per E-Mail soll er, so ist zu hören, die Räte ermahnt haben, ihre harschen Worte lieber in einer nichtöffentlichen Sitzung zu äußern.

 

Im Kreis Ludwigsburg hingegen geht es bei den Sitzungen des Kliniken-Aufsichtsrats wesentlich unkontroverser zu. Mit seinen fünf Krankenhäusern ist Ludwigsburg das Kernland der Kliniken-Holding, zu der auch jeweils zwei Häuser im Enzkreis und dem Landkreis Karlsruhe gehören. Schon früh haben die Ludwigsburger Kreisräte signalisiert, dass sie ihre Kliniken nicht im Stich lassen wollen. Bis 2019 rechnet der Geschäftsführer Peter Steiner mit Investitionen von rund 130 Millionen Euro. Der Kreis wird, vorausgesetzt der Kreistag stimmt zu, davon 75 Millionen Euro übernehmen. Er würde dann für Zins und Tilgung der Darlehen statt wie bisher fünf Millionen Euro künftig bis zu 13,4 Millionen Euro jährlich übernehmen.

Kleine Häuser haben Probleme

Die völlig andere Diskussionskultur der beiden Aufsichtsräte hat mehrere Ursachen. Im Enzkreis murrt man, die Ludwigsburger Kollegen seien nur müde Abnicker. Fakt ist, dass allein die beiden relativ kleinen Enzkreis-Kliniken Mühlacker und Neuenbürg (zusammen 365 Betten) mit 2,4 Millionen Euro ein ebenso großes Defizit angehäuft haben, wie die fünf Häuser im Nachbarkreis, wo mehr als fünfmal so viele Betten für Behandlungen bereitstehen.

Bei der Krankenhausfinanzierung kommt es nämlich durchaus auf die Größe an. In kleineren Häusern wie Vaihingen/Enz, Marbach oder Neuenbürg fallen die steigenden Personal- und Sachkosten deutlich stärker ins Gewicht, weil dort die Kapazitäten fehlen, um mehr Patienten und kompliziertere Krankheiten zu behandeln – und damit die Einnahmen zu steigern.

Womöglich hat die Zurückhaltung der Ludwigsburger Kreisräte noch andere Ursachen: zum Beispiel, dass der Hauptgrund für die steigenden Defizite anderswo zu suchen ist. Zwar gibt der kaufmännische Geschäftsführer der Kliniken, Peter Steiner, zu, dass er nicht erwartet habe, dass die Tariferhöhungen bei Ärzten (plus 5,3 Prozent) und Pflegepersonal (plus 2,95 Prozent) so hoch ausfallen würden. „Das hat uns dann doch überrascht“, sagt Steiner.

Verursacher ist der Bund

Die wahre Ursache für die finanzielle Schieflage der Kliniken ist die Finanzierung des Krankenhauswesens. Wie viel die Krankenhäuser einnehmen, wird letztlich vom Bund über die Krankenkassen geregelt. Die entscheidende Größe dabei ist das Entgelt für eine Standardleistung, der sogenannte Landes-Basisfallwert. Dieser hat sich in den vergangenen Jahren kaum verändert – während die Kosten für Personal und Sachmittel drastisch gestiegen sind.

Die einzige Schraube, an der das Management drehen könne, heißt Produktivität, so Steiner. Frei übersetzt heißt das: mehr Patienten behandeln, aufwendigere Operationen vornehmen, um dafür höhere Entgelte zu erhalten – und dabei gleich viel oder weniger Personal vorhalten. „Dieses Potenzial ist endlich – wir sind schon ausgesprochen produktiv“, sagt Steiner.

Als knallharter Krankenhausmanager hätte Steiner noch Potenzial, um das Defizit zu verringern: er könnte reihenweise Mitarbeiter entlassen oder die beiden kleinen Häuser in Vaihingen (60 Betten) und Marbach (78 Betten) schließen. Das werde man aber nicht tun – schließlich seien die Kliniken nicht umsonst in kommunaler Trägerschaft. Steiner sieht jetzt den Bund in der Pflicht, die Kostensteigerungen auszugleichen. „Ich erwarte, dass jetzt ein Gegenlenken kommt.“ Der Kostendruck, nicht nur bei seinen Häusern, sei so groß, dass andernfalls ein Kliniksterben drohe.